Beschlussfassung zur tätigen Mithilfe im WEG – Treppenhausreinigung
Fall: Ein Eigentümer einer kleinen WEG (4 Parteien) möchte, dass die Hausreinigung und z.B. das Herausstellen der Mülltonnen durch die Eigentümer selbst übernommen wird (oder deren Mieter). Ein E-Mail Umlaufbeschluss kam nicht zu Stande, da ein Eigentümer diese Leistung weiterhin über die Hausverwaltung beziehen möchte. Der Initiator möchte daraufhin eine außerordentliche ETV (AETV) um dieses Anliegen zu klären.
Frage: Muss der Verwalter diese Versammlung einberufen und wer hat die Kosten für die zusätzliche Versammlung zu tragen? Kann der gewünschte Beschluss ordnungsgemäß gefasst werden?
Die folgenden Ausführungen erfolgen unter dem Vorbehalt abweichender Regelungen in der betreffenden Gemeinschaft.
Grundsätzlich steht der erste Negativbeschluss im Umlaufverfahren einer zweiten Beschlussfassung nicht entgegen. Ein Zweitbeschluss ist immer dann möglich, wenn kein Beteiligter bislang im Vertrauen auf die Bestandskraft des aufzuhebenden Erstbeschlusses besonders schutzwürdig ist, insb. Investitionen getätigt hat.
Eine Einberufungspflicht für eine außerordentliche Eigentümerversammlung ist – abgesehen von einer evtl. abweichenden Vereinbarung – nicht erkennbar, da das Anliegen nicht besonders dringend erscheint und auch das Minderheitenquorum des § 24 Abs. 2 Var. 2 WEG nicht erreicht ist (mehr als 1/4 der Wohnungseigentümer). Wer die Kosten zu tragen hätte, ist maßgeblich von den Regelungen in der Gemeinschaft abhängig. Dazu findet sich in der Regel eine Normierung in der Gemeinschaftsordnung und dem Verwaltervertrag.
Im Rahmen der nächsten ordentlichen Eigentümerversammlung müsste das Anliegen jedoch erneut – unter protokollwirksamen rechtlichen Belehrungen des Verwalters gemäß nachfolgenden Ausführungen – auf die Tagesordnung gesetzt werden.
Umstritten ist jedoch, inwieweit den Eigentümern Pflichten zur tätigen Mithilfe überhaupt durch Beschluss auferlegt werden können.
Nach einer Ansicht sind derartige Beschlüsse grundsätzlich möglich, soweit es sich um übliche Regelungen für Hausordnungen handelt – wie Treppenhausreinigungen, jedoch ist die materielle Rechtmäßigkeit im Einzelfall – insbesondere im Hinblick auf Gleichbehandlung und Zumutbarkeit – zu prüfen, so z. B. LG Stuttgart ZWE 2011, 43; LG München ZWE 2010, 399 (auch für die häufig in Hausordnungen geregelte Schneeberäumung).
Andere Gerichte lehnen diese Möglichkeit zumindest dann ab, wenn durch die Beschlussfassung auch Verkehrssicherungspflichten auf die einzelnen Eigentümer übertragen werden würden, so dass neue Haftungsrisiken begründet würden, vgl. OLG Düsseldorf ZWE 2008, 428 (für die Schneeberäumung und das Laubfegen nach Plan im Turnus).
Nach anderer Ansicht folgt aus der Kompetenz, eine Hausordnung aufzustellen, nicht die Befugnis, einzelne Eigentümer zur tätigen Mithilfe bei der Treppenhausreinigung zu verpflichten. Das folge insb. nicht aus dem Umstand, dass solche Pflichten typischerweise in Hausordnungen geregelt seien, vgl. Becker ZWE 2010, 397. Üblichkeit sei demnach nicht kompetenzbegründend.
Der BGH neigt der letztgenannten Auffassung zu. Bereits im Urteil vom 18.06.2010, Az. V ZR 193/09, ist der amtliche Leitsatz vermerkt, aus der Kompetenz zur Gebrauchsregelung und Instandhaltung folge nicht die Befugnis, den Eigentümern außerhalb der Kosten- und Lastentragung Leistungspflichten aufzuerlegen.
Im Urteil vom 09.03.2012, Az. V ZR 161/11, sprach der BGH der Gemeinschaft die Beschlusskompetenz ab, den Winterdienst im wöchentlichen Wechsel der Eigentümer selbst durchzuführen, der Beschluss sei nichtig.
Das aktuellste Urteil des BGH vom 10.10.2014, Az. V ZR 315/13, zu dieser Thematik betrifft die Übertragung von Gartenpflegearbeiten auf die jeweiligen Sondernutzungsberechtigten der Gartenflächen. Die Auferlegung der Leistungspflichten fände im Gesetz keine Stütze. Die Eigentümer seien für gemeinschaftliches Eigentum nicht instandhaltungspflichtig und könnten auch nicht durch Beschluss (sondern nur durch Vereinbarung – was durch den Notar versäumt worden war) zur tätigen Mithilfe verpflichtet werden.
Zur sog. Kehrwoche (Treppenhausreinigung) hat sich der BGH als Entscheidungsgremium also noch nicht geäußert. Aus der Entscheidungsbesprechung einer Richterin am BGH aus diesem Senat geht jedoch hervor, dass auch in diesem Fall eine Pflichtenübertragung im Beschlusswege nur möglich sei, wenn sämtliche hiervon betroffenen Eigentümer zustimmen, Schmidt-Räntsch, ZWE 2015, 429. Anderenfalls bedürfe dies der Vereinbarung aller.
Fazit:
Das WEG regelt Leistungspflichten der einzelnen Miteigentümer nur in Form von Zahlungspflichten. Pflichten zur tätigen Mithilfe können daher nur einvernehmlich begründet werden.
Noreen Walther
Rechtsanwältin
im Kanzleiforum 09/2016
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz