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Kurzüberblick: Die Berliner Räumung

1. Begriffsbestimmung und Ablauf der Berliner Räumung

Die umgangssprachlich als Berliner Räumung bekannte besondere Form der Zwangsräumung ist in § 885 a ZPO geregelt. Der Vollstreckungsauftrag kann durch den Gläubiger unbeschränkt (§ 885 ZPO) oder beschränkt im Sinne der sogenannten Berliner Räumung (§ 885 a ZPO) erfolgen. Bei der Berliner Räumung vollstreckt der Gerichtsvollzieher nach § 885 a ZPO allein die Besitzausweisung des Schuldners (Mieters) und die Besitzeinweisung des Gläubigers (Vermieters) in das Mietobjekt, ohne das Mietobjekt von den vorhandenen beweglichen Sachen zu beräumen oder diese zu verwerten. Die Kosten des Gerichtsvollziehers für die Berliner Räumung beschränken sich daher zumeist auf ca. 500,00 Euro.

Die beweglichen Sachen verbleiben bei der Berliner Räumung im Mietobjekt und gehen in den Besitz des Gläubigers über. Bei der Berliner Räumung erlangt der Gläubiger somit deutlich schneller den Besitz am Mietobjekt zurück. Die Berliner Räumung führt jedoch nicht dazu, dass der Gläubiger mit den beweglichen Sachen beliebig verfahren kann. Insbesondere wird der Gläubiger nicht Eigentümer der Sachen. Auch kann er sie zur Schuldenbegleichung nicht beliebig veräußern. Der Umgang des Gläubigers mit den zurückgebliebenen Sachen ist gesetzlich konkret in § 885 a Abs. 2 bis 5 ZPO geregelt, sodass sich der Gläubiger sogar schadensersatzpflichtig machen kann, wenn er die Regeln nicht beachtet.

2. Der Umgang des Gläubigers mit den beweglichen Sachen im Mietobjekt

Nach § 885 a Abs. 2 S. 1 ZPO hat der Gläubiger die sich im Mietobjekt befindlichen beweglichen Sachen nach erfolgreicher Besitzeinweisung für einen Monat und einen Tag zu verwahren. Die Aufbewahrungspflicht des Gläubigers gilt nicht für Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, also bspw. bei Müll. Diese Sachen kann der Gläubiger jederzeit vernichten. An die Offensichtlichkeit sind jedoch besonders hohe Anforderungen zu stellen, zumal diesbezüglich die Ansichten der Parteien stark auseinanderfallen können. Zum Schutz des Gläubigers sieht § 885 a Abs. 3 Satz 3 ZPO eine Haftungserleichterung vor, nach welcher der Gläubiger beim Wegschaffen und Vernichten nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat.

Sofern sich unter den beweglichen Sachen des Schuldners unpfändbare Sachen befinden, an denen der Gläubiger sein Vermieterpfandrecht nach § 562 BGB nicht geltend machen darf, so hat der Gläubiger diese auf Verlangen des Schuldners jederzeit herauszugeben, § 885 a Abs. 5 ZPO. Dies gilt auch für Sachen, an denen ein Verwertungserlös nicht zu erwarten ist. Kommt der Gläubiger seiner Herausgabepflicht nicht nach, macht er sich nach § 280 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig.

Für den Fall, dass der Schuldner die Sachen beim Gläubiger nicht binnen Monatsfrist nach der Besitzausweisung abfordert, sieht § 885 a Abs. 4 ZPO ein Verwertungsrecht des Gläubigers vor. Die seinem Vermieterpfandrecht unterliegenden pfändbaren Sachen hat der Gläubiger in entsprechender Anwendung der §§ 1257, 1233 – 1240 BGB durch öffentliche Versteigerung zu verwerten.

Von den unpfändbaren Sachen hat der Gläubiger die hinterlegungsfähigen gemäß § 885 a Abs. 4 S. 2 ZPO, § 372 S. 1 BGB bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle zu hinterlegen. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist das Amtsgericht, in der Regel am Leistungsort, die zuständige Hinterlegungsstelle, § 1 Abs. 2 SächsHintG; § 1 Abs. 1 HintG LSA; § 1 Abs. 2 ThürHintG; § 374 Abs. 1 BGB.

Die unpfändbaren und auch nicht hinterlegungsfähigen aber verwertbaren Sachen, hat der Gläubiger entweder durch eine öffentliche Versteigerung nach § 885 a Abs.4 S. 2 ZPO, § 383 BGB oder durch freihändigen Verkauf gemäß § 885 a Abs. 4 S. 2 ZPO, § 385 BGB zu verwerten.

Sachen, die weder pfändbar, noch hinterlegungsfähig und auch nicht verwertbar sind, kann der Gläubiger vernichten, § 885 Abs. 2 S. 4 ZPO.

Nach § 885 a Abs. 7 ZPO gelten die Kosten für das Wegschaffen und das Verwahren der Sachen aus dem Mietobjekt sowie die Kosten der Verwertung als Kosten der Zwangsvollstreckung und sind daher vom Schuldner zu tragen. Da diese Regelung jedoch nur den Kostenausgleich im Innenverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner regelt, muss der Gläubiger in der Regel in Vorleistung gehen.

3. Fazit

Die Berliner Räumung ist insbesondere aufgrund der anfänglichen Kostenersparnis sehr beliebt und gewinnt in der Praxis immer mehr an Bedeutung. Der Gläubiger sollte jedoch trotz der zunächst anmutenden Kostenersparnis nicht übersehen, dass sich die selbstständige Beräumung des Mietobjekts und die Verwertung der beweglichen Sachen für ihn aufgrund der zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen als sehr langwierig und mit Blick auf die große Haftungsgefahr auch als besonders risikoreich gestalten und mit erheblichen, zu Beginn meist nicht überschaubaren, Kosten verbunden sein kann. Die Berliner Räumung nach § 885 a ZPO empfiehlt sich daher zumeist nur dann, wenn das Mietobjekt weitestgehend leer ist oder nur Müll enthält und der Gläubiger über eigene personelle und räumliche Ressourcen verfügt, wodurch er das Mietobjekt kostengünstig beräumen und die Sachen kostenschonend verwahren kann.

Im Übrigen wird auf unsere detailliertere Übersicht zur Berliner Räumung im Themenpool auf unserer Website https://www.strunz-alter.de verwiesen, die neben weiteren Ausführungen zu möglichen Kosten und zur Art und Weise der Verwertung auch eine Übersicht über die wichtigsten gerichtlichen Entscheidungen enthält.

Eva-Maria Meichsner

Rechtsanwältin                                             

Kanzleiforum 12/2019
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz