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BGH: Nichtzahlung der Prozesskosten für früheren Räumungsprozess ist kein Kündigungsgrund

Urteil vom 14.07.2010, Az. VIII ZR 367/09

  1. Sachverhalt

Der Vermieter hatte bereits im Jahre 2006 das Wohnraummietverhältnis wegen Zahlungsverzug fristlos gekündigt und anschließend Räumungsklage erhoben. Der Mieter zahlten innerhalb der Schonfrist gemäß § 569 III Nr. 2 BGB, so dass sich der Räumungsanspruch erledigt hatte. Die Kosten des  Rechtsstreits wurden dem beklagten Mieter auferlegt, da er die Klageerhebung durch seine Vertragsverletzung verursacht hatte.

In der Folge zahlte der Mieter diese Prozesskosten nicht, so dass der Vermieter im November 2008 das Mietverhältnis erneut mit der Begründung kündigte, mietvertragliche Pflichten seien aufgrund der Nichtzahlung der Prozesskosten verletzt worden.

  1. Entscheidung

Der Vermieter verlor in sämtlichen Instanzen. Weder eine fristlose noch eine ordentliche Kündigung sei gerechtfertigt.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes liege in der Nichtzahlung der Prozesskosten zwar auch eine Verletzung mietvertraglicher Pflichten. Diese erreichten aber nicht die Erheblichkeitsschwelle, um eine auch nur ordentliche Kündigung zu begründen.

Das Gericht begründete seine Auffassung mit der Intention des Gesetzgebers, die Obdachlosigkeit des Mieters zu vermeiden. Gemäß § 569 III Nr. 2 BGB verliert eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzug ihre Wirkung, wenn innerhalb von 2 Monaten nach Rechtshängigkeit der Räumungsklage, d.h. nach Zustellung der Klage beim Beklagten, entweder der Mieter den Mietrückstand vollständig ausgleicht oder sich eine öffentliche Stelle zur Zahlung gegenüber dem Vermieter verpflichtet. Der Gesetzgeber hat dabei nicht gefordert, dass auch eine Bezahlung der Prozesskosten erfolgen muss.

Wenn nun der Vermieter anschließend wegen des Nichtausgleichens der Kostenschuld kündigen könnte, würde der vom Gesetzgeber angestrebte Erhalt des Mietverhältnisses bei Ausgleich der Mietschuld gerade umgangen.

  1. Weitergehende Hinweise

§ 569 III Nr. 2 lautet:

„Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist.“

Erforderlich ist also, dass die Zahlung des Mieters oder die Verpflichtungserklärung der öffentlichen Stelle (nicht deren Zahlung) innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung der Räumungsklage bei dem Mieter erfolgt. Solange noch keine Räumungsklage erhoben wurde, kann sich der Mieter also immer noch befreien.

Des Weiteren muss nicht nur der Ausgleich des zur Kündigung führenden Mietrückstandes sondern auch der nachfolgend aufgelaufenen Nutzungsentschädigung erfolgt sein.

Außerdem wird die Kündigung nur dann unwirksam, wenn der Mieter dieses Verfahren innerhalb der letzten 2 Jahre nicht in Anspruch genommen hat.

Jedoch kann sich der Mieter nur von den Wirkungen einer fristlosen außerordentlichen Vertragskündigung gemäß § 543 II Nr. 3 BGB befreien, nicht aber von denen einer ordentlichen Kündigung. Strebt der Vermieter daher, z.B. auch wegen weiterer evtl. schwer nachweisbarer anderer Verfehlungen des Mieters durch Störung des Hausfriedens o.Ä., in jedem Fall die Entfernung des Mieters aus der Wohnung an, sollte er neben der fristlosen Vertragskündigung hilfsweise auch ordentlich zum nächst zulässigen Termin kündigen. Auf das Urteil des BGH vom 16.02.2005, Az. VIII ZR 6/04, sowie die Erläuterung im Rahmen der Aktuellen Information der Kanzlei Nr. 06/2005 wird verwiesen.

In unserem geschützten Servicebereich finden Sie entsprechende Musterformulierungen. Im frei zugänglichen Bereich der Internetpräsenz www.strunz-alter.de/leistungen ist auch die damalige Aktuelle Information abrufbar.

Abschließend sei noch auf die sich abzeichnende neue Tendenz bei einigen Amtsgerichten hingewiesen, auch die Nachzahlungsforderungen aus Betriebskostenabrechnungen als Mietrückstand im Sinne des § 543 II Nr. 3 BGB zu betrachten – in Abkehr der bisherigen herrschenden Rechtsprechung. Hiesige Amtsgerichte haben soweit ersichtlich hierzu aber noch nicht Stellung bezogen.

Noreen Walther
Rechtsanwältin