Der verlorene Schlüssel – ständiges Thema in der Vermietungspraxis
Man kennt das leider nur zu gut. Das Mietverhältnis ist beendet, die Wohnung beräumt und vielleicht sogar renoviert, die Abnahme läuft gut und dann das – der Mieter kann nicht alle zu Beginn des Mietverhältnisses ausgehändigten Schlüssel zurückgeben. Er weiß nicht, wo und wann sie abhandengekommen sind bzw. wem er einen Schlüssel gegeben und nicht zurückerhalten hat.
Solche Szenarien kommen aber auch während des laufenden Mietverhältnisses vor. Nach dem Einkauf in der Stadt ist der Schlüsselbund nicht mehr in der Tasche oder der Lebensabschnittsgefährte ist unauffindbar auf und davon und hat einfach den Zweitschlüssel mitgenommen. Der Vermieter steht nun vor der Frage, reicht ein Schlüsselersatz, muss der Schließzylinder ausgetauscht werden oder aus Sicherheitsgründen sogar die gesamte Schließanlage und wer trägt die Kosten dafür?
Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch gegen den Mieter ist zuerst, dass der Vermieter die Anzahl der ausgehändigten Schlüssel beweisen kann. Meist lässt sich das durch die Angaben im Übergabeprotokoll und die Unterschrift des Mieters auf selbigem nachweisen. Vorsicht ist hier bei den neuen digitalen Möglichkeiten der Protokollerstellung walten zu lassen, ohne schriftliche Quittierung des Mieters kein belastbarer Nachweis.
Die Anspruchsgrundlagen für einen Ersatzanspruch finden sich dann bereits im Gesetz bei laufendem Mietverhältnis aus §§ 280 Abs.1, 241 Abs. 2 BGB und bei Beendigung aus §§ 546, 280 Abs. 1,3 und 283 BGB. Es bedarf daher im Normalfall keiner zusätzlichen vertraglichen Haftungsregelung. Ausnahmen gibt es jedoch beim erstmaligen Einbau von Schließsystemen oder Schließanlagen, die nicht erweiterbar sind oder zusätzlichen Sicherheitssystemen unterliegen. Hier muss der Mieter nachweislich aufgeklärt werden, dass bei Schlüsselverlust ein ungewöhnlicher hoher Schaden eintreten kann. Dem Mieter soll so Gelegenheit gegeben werden, sich z.B. über eine Haftpflichtversicherung abzusichern. Eine Verpflichtung des Mieters zum Abschluss einer solchen Versicherung lässt sich formularvertraglich allerdings im Wohnraummietrecht nicht wirksam begründen. Leistet der Mieter über die Betriebskostenvorauszahlungen anteilig auf eine Gebäudeversicherung des Vermieters, so hat der Vermieter sogar vorrangig die Eintrittspflicht der Versicherung zu prüfen.
Ein Schadensersatzanspruch gegen den Mieter besteht zum einen nur, wenn er den Schlüsselverlust schuldhaft herbeigeführt hat. Hier genügt schon Fahrlässigkeit, die in den meisten Fällen angenommen werden kann. Zum anderen muss durch den Schlüsselverlust ein Missbrauch mit dem Schlüssel für die Sicherheit des Mietobjektes zu befürchten sein. Dies kann ausgeschlossen sein, wenn der Schlüssel objektiv keinem konkreten Mietobjekt zuordenbar ist, nachweisbar, mechanisch zerstört oder z.B. in tiefem Wasser unauffindbar verlustig gegangen ist.
Auch das Zeitmoment kann hier eine Rolle spielen. Ist ein längerer Zeitraum nach dem Verlust vergangen, kann die Missbrauchsvermutung in den Hintergrund rücken, wofür der Mieter allerdings die Beweislast trägt. Der Vermieter ist vor Einleitung kostenauslösender Maßnahmen trotzdem gehalten, das tatsächliche Gefährdungspotenzial in einer Einzelfallprüfung einzuschätzen.
Zu beachten ist außerdem, dass der Vermieter die Kosten für den Einbau neuer Schlösser oder Schließanlagen nur gegen den Mieter geltend machen kann, wenn er die Arbeiten bereits ausgeführt und die Kosten verauslagt hat. Das kann besonders bei beendeten Mietverhältnissen in Bezug auf die kurze Verjährungsfrist des § 548 BGB problematisch sein. Im Gegensatz zur Zulässigkeit der Geltendmachung fiktiver Renovierungs-oder Reparaturkosten im Klageverfahren lässt der BGH seit der Grundsatzentscheidung vom 05.03.2014 (VIII ZR 205/13) eine Zahlungsklage auf Vorschuss zu erwartender Austauschkosten hier nicht zu. In den heutigen Zeiten des Handwerkermangels und damit einhergehender Wartezeiten bis zur Ausführung der Leistungen hat der Vermieter jedoch die Möglichkeit, die kurze Verjährungsfrist durch die Einreichung einer Feststellungsklage zu hemmen.
Erhebliches Streitpotenzial gibt es regelmäßig, wenn der Vermieter die Kosten des Austauschs einer Schließanlage ohne Berücksichtigung eines Abzuges Neu-für-Alt bei bereits in die Jahre gekommenen Anlagen weiterberechnet oder der Mieter nachweisen kann, dass auch andere Mieter Schlüssel verloren haben oder die Schließanlage vorab bereits Sicherheitsmängel aufwies.
Der Vermieter kann regelmäßig vom Mieter nur den Ersatz der erforderlichen Kosten beanspruchen. Bei elektronischen Schließanlagen kann das bedeuten, dass vor einem Neueinbau zu prüfen ist, ob eine Umprogrammierung möglich und kostengünstiger ist.
Neben den durch höchstrichterliche Rechtsprechung grundsätzlich entschiedenen Rechtsfragen ergeben sich vorliegend bei der Geltendmachung von Schadensersatz wegen Schlüsselverlust immer wieder sehr differenzierte Sachverhalte, die jeder für sich einer genauen Betrachtung zu unterziehen sind, um bei der Durchsetzung erfolgreich zu sein.
Angela Glöckner
Dipl.-Juristin