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Nachhaltigkeitsberichterstattung bei kommunalen Unternehmen

Derzeit stellt sich für zahlreiche mittlere und kleine kommunale Unternehmen in der Wohnungswirtschaft die Frage, ob sie künftig zu einer Berichterstattung zu ihrer Nachhaltigkeit verpflichtet oder davon ausgenommen sind.

Laut der zugrundeliegenden CSRD-Richtlinie (EU) 2022/2464 sind ab 01.01.2025 alle großen Kapitalgesellschaften zur entsprechenden Umsetzung in ihrem jeweiligen Jahresabschluss dazu verpflichtet. Dies mag durchaus sinnvoll und politisch opportun sein, gleichwohl überfordert diese Vorgabe derzeit viele Unternehmen unterhalb einer gewissen Größe. Ab dem 01.01.2026 gilt diese Pflicht auch für kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (im Wesentlichen kleine und nicht komplexe Kreditinstitute sowie Versicherungsunternehmen).

Aber ist die Berichtspflicht für Unternehmen, die aufgrund landes- oder kommunalrechtlicher Regelungen wie große Kapitalgesellschaften zu bilanzieren haben, aber weder eine Bilanzsumme von 25 Mio. EUR, weder Nettoumsatzerlöse von 50 Mio. EUR noch mehr als 250 Beschäftigte haben, einschlägig? Wäre dies nicht eine „überschießende Umsetzung“?

Die Konzeption des europäischen Gesetzgebers hatte diese Gruppe von Unternehmen jedenfalls nicht im Blick oder die Zielsetzung auf diese ausgerichtet. Nach aktueller Rechtslage würden aber bestimmte kleine und mittelgroße kommunale Unternehmen in privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Form zur Anwendung der CSRD-Richtlinie verpflichtet. So sind z. B. sächsische kommunale Unternehmen gem. § 96a Abs. 1 Nr. 8 SächsGemO aktuell verpflichtet, dass
… der Jahresabschluss und der Lagebericht in entsprechender Anwendung der Vorschriften für große Kapitalgesellschaften im Dritten Buch des Handelsgesetzbuchs aufgestellt und geprüft wird, sofern nicht weitergehende gesetzliche Vorschriften gelten, …“, was im Ergebnis die Nachhaltigkeitsberichterstattung i. S. v. §§ 267 Abs. 3, 289 B HGB („Nichtfinanzielle Erklärung“ = „Pflicht zur Erweiterung des Lageberichts um einen Nachhaltigkeitsbericht“) bedeutet. Gleiches gilt für die fast wortgleiche Regelung in § 133 Abs. 1 Nr. 3 KVG LSA.

Derzeit sind zahlreiche Interessenverbände (z. B. VKU, GdW nebst Landesverbände) aktiv, um hier dahingehend Klarheit zu schaffen, dass kleine und mittelgroße kommunale Unternehmen hiervon ausgenommen werden, was im Ergebnis aktuell aber nur teilweise von Erfolg gekrönt ist. Problematisch ist zudem, dass eine künftige Befreiungsregelung auf Landesebene aufgrund des Vorrangs von Bundesrecht (HGB) keine Ausnahme begründen kann.

Daher müsste eine Änderung im HGB erfolgen, dass die CSRD-Pflicht vorliegend nicht bestehen würde. Erst mit einer Öffnungsklausel für Landesrecht wäre eine Befreiung maßgeblich und könnte dann auch in den entsprechenden Gesellschaftsverträgen/ Satzungen auch per Klausel umgesetzt werden.

Perspektivisch ist in Sachsen vorgesehen, aber noch nicht geregelt, dass wohl eine rechtsaufsichtsrechtliche Beanstandung vorerst nicht erfolgen soll, sofern kommunale Unternehmen durch die beabsichtigte Änderung des HGB mangels einer landesrechtlichen Befreiungsmöglichkeit keine Nachhaltigkeitsberichterstattung vornehmen. Hier ist daher derzeit (noch) keine Befreiungsmöglichkeit vorhanden, Verstöße werden aber voraussichtlich nicht sanktioniert.

Ebenso will man dies wohl auch in Sachsen-Anhalt so praktizieren, aber erst auf die Umsetzung der HGB-Änderung warten und anschließend landesrechtlich tätig werden. Hier ist daher derzeit (noch) keine Befreiungsmöglichkeit vorhanden, Verstöße könnten aber voraussichtlich trotzdem sanktioniert werden.

Weiter ist man hier in Thüringen, wo die Regelung in § 75 Abs. 4 Satz 3 ThürKO bereits angepasst wurde. Kommunale Gesellschaften in Thüringen werden daher nicht mehr ausschließlich dazu verpflichtet, die HGB-Vorgaben für große Kapitalgesellschaften (und damit die Nachhaltigkeitsberichterstattung) anzuwenden, sondern wenden die Pflichten an, die ihrer jeweiligen Unternehmensgröße entsprechen.

Kautelarjuristisch können kommunale Wohnungsunternehmen bereits jetzt an künftige Regelungen in ihren Gesellschaftsverträgen/ Satzungen denken und entsprechende vertragliche Formulierungen einfügen. So könnte gesellschaftsvertraglich bspw. bereits vorgegeben werden, dass die Gesellschaft lediglich eine Aufstellung und Prüfung des Lageberichts nach den einschlägigen Vorschriften zu gewährleisten hat, aber keine Pflicht zur Erweiterung des Lageberichts um einen Nachhaltigkeitsbericht besteht, sofern nicht gesetzliche Regelungen dem unmittelbar entgegenstehen. Eine Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sollte durch den Gesellschaftsvertrag mithin nicht begründet, sondern ausgeschlossen werden.

 

Sebastian Tempel
Rechtsanwalt