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Kündigungsrecht des Vermieters bei unpünktlicher Mietzahlung durch den Sozialleistungsträger

In einer Vielzahl von Mietverhältnissen erfolgt die Mietzahlung teilweise oder vollständig durch Leistungen des Sozialleistungsträgers und nicht durch den Wohnungsmieter selbst. Dabei kommt es immer wieder vor, dass die Miete nicht pünktlich gezahlt wird. Dauert dieser Zustand an, stellt sich die Frage, ob der Vermieter berechtigt ist, den Mietvertrag nach entsprechender Abmahnung fristlos zu kündigen.

Der Bundesgerichthof hat mit seinem Urteil vom 21.10.2009, Az.: VIII ZR 64/09 diese Frage verneint und dies wie folgt begründet:

1. Entscheidungsgründe

Nach Auffassung des BGH beendet eine solche fristlose Kündigung des Vermieters den Wohnraummietvertrag nicht, da dem Vermieter kein Kündigungsrecht nach § 543 Abs. 1 BGB zusteht.

Eine fristlose Kündigung des Vermieters nach § 543 Abs. 1 BGB ist nur bei nachhaltigen Vertragsverletzungen möglich. Daran fehlt es bei nur um wenige Tage verspäteten Mietzahlungen. Darüber hinaus ist ein wichtiger Grund i. S. d. § 543 Abs. 1 BGB nur dann gegeben, wenn dem Vermieter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens des Mieters, eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr zugemutet werden könne.

Die wiederholt verspäteten Mietzahlungen des Sozialleistungsträgers können nach Auffassung des BGH den Mietern nicht zugerechnet werden, da es sich bei dem Sozialleistungsträger nicht um den Erfüllungsgehilfen der Mieter handelt, für dessen Verschulden die Mieter nach § 278 BGB einzustehen hätten.

Die Instanzgerichte und in der Literatur wurde dagegen bisher überwiegend vertreten, dass sich der Mieter das Verschulden einer staatlichen Stelle, derer er sich zur Erfüllung seiner Mietzahlungspflicht bedient, nach § 278 BGB zurechnen lassen müsse. Erfüllungsgehilfe ist, wer mit dem Willen des Schuldners als seine Hilfsperson bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit tätig wird. Auch ein Amtsträger kann daher grundsätzlich als Erfüllungsgehilfe anzusehen sein. Der Grund dafür, dass der Schuldner für das Verschulden eines Dritten einzustehen hat, liegt in der Erweiterung seines Geschäfts- und Risikobereichs. Die Hilfsperson übernimmt eine Aufgabe wahr, die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner selbst obliegt. Diese Voraussetzungen sind indes bei einer Behörde, die im Rahmen der Daseinsvorsorge staatliche Transferleistungen an einen Bürger erbringt, nicht erfüllt. Der Mieter schaltet den Sozialleistungsträger nicht als Hilfsperson zur Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinem Vermieter ein; sondern wendet sich an die staatliche Stelle, um selbst die notwendigen Mittel für den eigenen Lebensunterhalt zu erhalten. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Sozialleistungsträger die Kosten der Unterkunft an den Mieter selbst zahlt oder direkt an den Vermieter überweist. In beiden Fällen nimmt der Sozialleistungsträger hoheitliche Aufgaben wahr, um die Grundsicherung des Hilfebedürftigen zu gewährleisten. Mit dieser Stellung ist die Annahme, die Behörde werde vom Mieter als Erfüllungsgehilfe im Rahmen des Mietvertrages über seine Unterkunft eingesetzt, nicht vereinbar.

2. Fazit

Der BGH wiederholt noch einmal, dass für die Beendigung eines Wohnraummietvertrages durch eine fristlose Kündigung seitens des Vermieters zwar fortdauernde unpünktliche Mietzahlungen einen wichtigen Grund i. S. d. § 543 Abs. 1 BGB darstellen können, aber Verzögerungen um wenige Tage nicht genügen.

Zudem beschäftigt sich der BGH mit der Frage, ob dem Mieter ein Fehlverhalten des Sozialleistungsträgers zugerechnet werden kann und verneint diese Frage. Dies führt in der Praxis jedoch nicht dazu, dass der Vermieter Mietern, deren Miete teilweise oder vollständig vom Sozialleistungsträger gezahlt werden, beim Ausbleiben oder erheblich verspäteter Mietzahlung nicht mehr kündigen können. Die Pflichtverletzung darf lediglich nicht ausschließlich im Bereich des Sozialleistungsträgers begründet sein. Häufig haben jedoch die Mieter den Leistungsantrag verspätet, unvollständig oder gar nicht gestellt, so dass sie die Pflichtverletzung aus dem Mietvertrag selbst verschuldet haben. Zudem muss der Mieter die ausgesprochenen Abmahnung dem Sozialleistungsträger vorlegen, damit dieser durch den Mieter noch einmal zur pünktlichen und vollständigen Mietzahlung angehalten wird.

Die Entscheidung hat auch keine Auswirkung auf den Fall, dass der Sozialleistungsträger nach einer rechtmäßigen Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlungen nicht mehr die vollständige Miete leistet und dadurch Mietrückstände entstehen. Der Mieter ist in diesem Fall verpflichtet, den Differenzbetrag selbst zu zahlen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, hat der Mieter diese Pflichtverletzung zu vertreten.

Es ist davon auszugehen, dass sich in einem Räumungsklageverfahren zukünftig die Prozessbevollmächtigten der Mieter verstärkt darauf berufen werden, die fehlende Mietzahlung habe allein der Sozialleistungsträger zu vertreten. Die Erfahrung in der Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass fast immer auch ein Fehlverhalten der Mieter zum Ausbleiben der Miete beigetragen hat, so dass die fristlose Kündigung wirksam den Mietvertrag beendet hat.

Jana Lippmann
Rechtsanwältin

im Kanzleiforum 03/2010

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz