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Update Erbbaurecht

Nicht an Bedeutung verloren hat für Eigentümer ungenutzter bzw. brachliegender Grundstücke das Erbbaurecht, umgangssprachlich auch Erbpacht genannt. Vor allem für viele Gemeinden, Städtische Wohnungsbaugesellschaften oder andere Rechtsträger ermöglicht das Erbbaurecht Investitionen in öffentliche Bauten und zur Bildung von gewünschten Wohnquartieren. So können hiermit gezielt junge oder kinderreiche Familien oder auch Wohngeneration 50+ angesprochen werden und damit die Ansiedlung in der Kommune bzw. Stadt gefördert sowie Bodenspekulationen vermieden werden. Auch können so regionale Sport- oder sonstige erwünschte Vereine unterstützt werden, ohne dass diese das finanzielle Risiko tragen müssen.

Aufgrund mehrerer aktueller Anfragen unserer Mandanten zu diesem Thema möchten wir das Grundlegende und Wesentliche hierzu nochmals zum allgemeinen Verständnis zusammenfassen.

Inhalt

Das Erbbaurecht ist ein veräußerliches und vererbbares Recht, auf oder unter der Oberfläche eines fremden Grundstücks ein Bauwerk zu haben. Der Erbbauberechtigte wird dabei Eigentümer des Bauwerks ohne gleichzeitig Eigentümer des Grundstücks zu werden, vielmehr erwirbt er ein sog. grundstücksgleiches Recht. Bildlich kann man sich das Erbbaurecht als eigenes „gedankliches“ Grundstück vorstellen, welches über dem eigentlichen Grundstück „schwebt“ als beschränkt dingliches Recht. Gesetzliche Grundlage zur Regelung der dieser besonderen Situation und zum Ausgleich der beiden Interessenlagen ist das Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG). Eingetragen wird das Erbbaurecht in das Erbbaugrundbuch eingetragen. Der Erbbauberechtigte wird hierbei vertraglich verpflichtet, das Grundstück innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (in der Regel 3-4 Jahre) zu bebauen.

Dauer

Das Erbbaurecht ist im Allgemeinen auf die Dauer von 99 Jahren festgelegt, kann aber einvernehmlich verlängert werden. Rücktritts- und Kündigungsrechte bestehen nicht, so dass innerhalb dieses Zeitraumes Sicherheit beider Parteien über das Rechtsverhältnis besteht. Das Gesetz sieht keine Dauer des Erbbaurechts vor, so dass auch abweichende Höchst- oder Mindestlaufzeiten vereinbart werden können. Der lange Zeitraum ist für den Grundstückseigentümer vor allem vorteilhaft, weil er davon ausgehen kann, dass das zu errichtende Bauwerk dauerhaft und stabil errichtet werden wird. Während der Dauer kann das Erbbaurecht stets belastet, vererbt oder veräußert werden, ohne das die Laufzeit als solche beeinträchtigt wird.

Erbbauzins

Der Erbbauzins wird zumeist ein regelmäßiges jährlich im Voraus fälliges Entgelt, der Erbbauzins, vereinbart und stellt damit ein Äquivalent zu einem ratierlichen Kaufpreis dar. Dieser liegt in der Regel zwischen 4% und 10% des Grundstückswertes, wobei das Gesetz auch hierzu keine Regelung trifft. Entscheidend ist hierbei der Grad der jeweiligen Nutzungsmöglichkeit sowie des Immobilienmarktes in der Kommune. Gesichert wird dies durch Eintragung einer Reallast im 2. Rang des Grundbuchs, was ein Vorteil gegenüber Rechten von z. B. Banken (Grundschuld, Hypothek) darstellt, die nachrangig behandelt werden.

Um innerhalb der langen Laufzeit mögliche Geldwertschwankungen ausgleichen zu können, sollten in den Verträgen sog. Wertsicherungsklauseln eingefügt werden. Diese passen den Erbbauzins an die jeweiligen Verhältnisse am Markt (bezugnehmend auf den Verbraucherindex VIP Deutschlands) an, lassen die Wertveränderung des Grundstücks zumeist jedoch unberührt.

Belastung

Erbbraurechte können mit Grundpfandrechten (Grundschulden, Hypotheken) belastet werden, wobei deren Eintragung in das Grundbuch stets von der Zustimmung des Grundstückseigentümers abhängt. Normale Baudarlehen werden in der Regel gewährt, vor allem da ein Anspruch des Erbbauberechtigten auf Zustimmung besteht, wenn sich dies im Rahmen von wirtschaftlichen Verhältnissen des Erbbaurechts liegt. Entscheidend ist hier jeweils die Einzelfallbetrachtung, wobei die Fremdfinanzierung den 100%igen Wert des Grundstücks nicht erreichen sollte. Andernfalls erhielte der Grundstückseigentümer ein „über Schornstein“ belastetes Grundstück zurück. Reallasten (Leitungsrechte etc.) auf dem Erbbaurecht gehen bei dessen Erlöschen ebenfalls automatisch auf den Grundstückseigentümer über (BGH, Urt. v. 17.02.2012 – V ZR 102/11).

Steuern, Lasten und Kosten, Abgaben

Der Erbbauberechtigte hat sämtliche bestehenden und künftigen, einmaligen und wiederkehrenden sowie öffentlichen und privaten Lasten zu tragen. Im Gegenzug erhält er auch sämtliche Nutzungen des Grundstücks. Bereits vorverauslagte Leistungen des Eigentümers sind zu erstatten.

Veräußerung / Übertragung

Erbbaurechte können wie Grundstücke veräußert und übertragen werden, wobei dies wiederum von der Zustimmung des Grundstückseigentümers abhängt und notariell zu beglaubigen ist. Eine Verweigerung der Zustimmung ohne stichhaltige Begründung kann zivilgerichtlich eingeklagt werden. Im Wege der Zwangsversteigerung gilt der Zustimmungsvorbehalt des Grundstückseigentümers auch für den Zuschlag. Im Erbfall geht das Erbbaurecht auf den Erben im Wege der Universalsukzession über.

Beendigung / Verlängerung

Das Erbbaurecht ist ein zeitlich begrenztes Recht. Nach Ablauf der vorab festgelegten Zeit löst sich das „gedankliche“ Grundstück des Erbbauberechtigten auf und das darauf errichtete Gebäude fällt automatisch in das Eigentum des Grundstückseigentümers. Der frühere Erbbauberechtigte hat dann ggf. einen Entschädigungsanspruch gegen den Grundstückseigentümer, welcher bei Wohngebäuden in der Regel mindestens 2/3 des Verkehrswertes ausmachen muss. Eine Entfernung des Bauwerks muss nicht durchgeführt werden. Verstößt der Erbbauberechtigte gegen vertragliche Verpflichtungen (z. B. Verwendung und Art des Bauwerks, Instandhaltung, Versicherung, Insolvenz, Nichtzahlung des Erbbauzinses) steht dem Grundstückeigentümer der sog. Heimfall zu. Dann wird das Erbbaurecht auf den Grundstückseigentümer als sog. Eigentümererbbaurecht übertragen, wobei der Erbbauberechtigte wiederum in der vereinbarten Höhe zu entschädigen ist. Der (noch nicht erfüllte) Entschädigungsanspruch ist hierbei als dingliche Sicherheit bei Löschung des Erbbaurechts im Grundbuch zwingend in 2. Rangstelle einzutragen (BGH, Beschl. v. 11.04.2013 – V ZB 109/12).

Vorsicht ist zudem geboten, falls bereits vor dem Ende des Erbbaurechts übereinstimmende Erklärungen oder Willensäußerungen der Parteien vorliegen, dass der Erbbauberechtigte sich Erwerbschancen ausrechnen darf, und dieser daraufhin weitere Bauarbeiten veranlasst. Wird das Grundstück dann doch nicht an den Erbbauberechtigten übertragen, hat dieser einen vom Grundstückseigentümer vorab nicht steuerbaren Bereicherungsanspruch (BGH, Urt. v. 19.07.2013 – V ZR 93/12).

Sofern bei Vertragsschluss bzgl. Grundstück und Erbbaurecht Vorkaufsrechte gemäß §§ 1094 ff. BGB für die Parteien vereinbart wurde, sind diese vorrangig vor weiteren Kaufinteressenten zu beachten.

Letztlich wird bemerkt, dass Erbbau-rechtsverträge weiterhin ein probates und wirksames Mittel für Grundstückseigentümer darstellen, ihren sonst nur unzureichend oder nicht bewirtschaftbaren Grundbesitz effizient oder zumindest wirtschaftlich zu vermarkten bzw. zu nutzen und hierbei die örtliche und gesellschaftlichen Gegebenheiten vor Ort zu beeinflussen und zu steuern.

Sebastian Tempel

Rechtsanwalt

im Kanzleiforum 09/2014

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz