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In welcher Form muss eine Wohnraummietvertragskündigung erfolgen und kann sie zurückgenommen werden?

Im Zusammenhang mit Kündigungen des Wohnungsmietvertrages tauchen immer wieder Unsicherheiten auf, ob eine Kündigung formwirksam erklärt worden ist und ob eine Kündigung auch wieder zurückgenommen werden kann.

1. Schriftform der Kündigung

Der § 568 Abs. 1 BGB bestimmt, dass alle Kündigungen eines Wohnraummietvertrages nur wirksam sind, wenn sie schriftlich erfolgen. Für die Einhaltung der Schriftform ist nach § 126 Abs. 1 BGB die eigenhändige Unterschrift des Kündigenden unter die Urkunde oder ein notariell beglaubigtes Handzeichen notwendig. Besteht die kündigende Mietvertragspartei aus mehreren Personen, muss die Urkunde grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift all dieser Personen enthalten. Jeder der Kündigenden kann sich dabei durch eine andere Person vertreten lassen. In diesem Fall muss aus der Kündigung selbst erkennbar sein, dass der Unterzeichner diese Erklärung – auch – im Namen des anderen Kündigenden abgibt. Handelt es sich bei dem Kündigenden um eine juristische Person, ist darauf zu achten, dass die Erklärung von allen gesetzlichen Vertretern zu unterzeichnen ist. Auch hier ist aber auch eine Stellvertretung möglich.

Aufgrund des Erfordernisses einer eigenhändigen Unterschrift sind Kündigungen, die in Fotokopie, per Telegramm, per Fax oder per E-Mail erfolgen, nach § 125 Satz 1 BGB nichtig. Eine eigenhändig unterzeichnete Kündigung, die zur Wahrung der Kündigungsfrist vorab per Fax an die andere Mietvertragspartei gesandt wird, kann daher die Kündigungsfrist nur dann wahren, wenn die handschriftlich unterzeichnete Erklärung noch vor Fristablauf im Original bei der anderen Vertragspartei eingeht.

Die Schriftform kann nach § 126 a Abs. 1 BGB durch die elektronische Form ersetzt werden. Damit eine entsprechende E-Mail wirksam den Mietvertrag beendet, muss sie den Namen des Ausstellers und eine elektronisch qualifizierte Signatur nach dem Signaturgesetz enthalten.

2. Rücknahme einer Kündigung

Es kommt immer wieder vor, dass sowohl Mieter als auch Vermieter eine wirksame Kündigung aussprechen und dann Umstände eintreten, die den Kündigenden dazu bewegen, von der Kündigung wieder Abstand zu nehmen. In diesem Fall wird dann häufig die „Rücknahme der Kündigung“ erklärt.

Hat der Vermieter dem Mieter wegen Mietrückständen die Kündigung ausgesprochen und erklärt sich der Sozialleistungsträger bereit, die Mietrückstände zu zahlen, macht er dies häufig davon abhängig, dass der Vermieter erklärt, dass er die zugrundeliegende Kündigung zurücknimmt. Grund dafür ist, dass nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB durch Zahlung innerhalb von zwei Monaten ab Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs nur eine außerordentliche, nicht aber einer ordentliche Kündigung unwirksam wird.

Nach einhelliger Auffassung kann eine Kündigung als eine Gestaltungserklärung nicht zurückgenommen werden. In Rechtsprechung und Literatur umstritten ist lediglich, woraus sich dies ergibt.

Damit stellt sich die Frage, welche rechtliche Bedeutung die „Rücknahme der Kündigung“ hat. Die Erklärung stellt das Angebot über die Weiterführung eines Mietvertrages an die andere Vertragspartei dar. Dieses Angebot kann die andere Vertragspartei ausdrücklich annehmen. Die Annahme kann aber auch dadurch erfolgen, dass der Mieter die Wohnung nach Zugang dieses Angebots weiter nutzt bzw. der Vermieter die Weiternutzung der Wohnung stillschweigend duldet.

Schwieriger ist die rechtliche Einordnung, wenn der Vermieter die „Rücknahme“ gegenüber dem Sozialleistungsträger erklärt. Der Sozialleistungsträger ist nicht der Stellvertreter des Mieters, so dass er ein entsprechendes Angebot des Vermieters nicht für den Mieter annehmen kann. Auch ein Vertrag zwischen Vermieter und Sozialleistungsträger zugunsten des Mieters als Dritten nach § 328 BGB scheidet aus, da der Mietvertrag für den Mieter auch Verpflichtungen enthält, und damit den Mieter nicht nur begünstigt. Vielmehr wird angenommen, dass der Vermieter mit dem Sozialleistungsträger einen Optionsvertrag abschließt, der dem Mieter die Option einräumt, das Mietverhältnis fortzusetzen.

Strittig ist, ob durch den mit der „Rücknahme der Kündigung“ ausgelösten Vertragsschluss der bisherige Mietvertrag zu den gleichen Konditionen fortgesetzt wird oder ob ein neuer Mietvertrag abgeschlossen wird. Nach Auffassung des BGH kommt es darauf an, ob der Vertragsschluss noch vor Ablauf des bisherigen Mietvertrages (dann Fortsetzung des bisherigen Vertrages) oder nach Ablauf des bisherigen Mietvertrages erfolgt (dann Abschluss eines neuen Mietvertrages), vgl. BGH, NJW, 2009, 3781. In der Literatur wird teilweise dieser Differenzierung gefolgt, teilweise wird diese aber auch abgelehnt und angenommen, dass der bisherige Mietvertrag fortgesetzt wird. Die Vertreter der letzten Meinung stützen ihre Auffassung auf die Regelung in § 545 BGB. Nach § 545 BGB verlängert sich das Mietverhältnis auf unbestimmt Zeit, wenn der Mieter den Mietgebrauch nach Ablauf der Mietzeit fortsetzt und der Vermieter nicht fristgerecht widerspricht.

Die Frage ist nicht nur rechtsdogmatischer Natur. Setzen die Parteien nur den bisherigen Mietvertrag fort, führen vorhandene Mängel an der Mietsache nicht zur Garantiehaftung des Vermieters nach § 536 a Abs. 1, 1. Alt. BGB, die Mietsicherheiten bleiben erhalten und zugunsten des Mieters gehen auch die Verlängerungen der Kündigungsfristen nach § 573 c Abs. 1 Satz 2 BGB nicht verloren.

3. Fazit

Als Vermieter sollten sie darauf achten, dass die eingehenden Kündigungen auch den Anforderungen an die Schriftform genügen. Im Falle einer „Rücknahme“ einer Kündigung hat die andere Vertragspartei stets die Möglichkeit, dass Angebot auf Abschluss eines Mietvertrages auch abzulehnen, d. h. der Mietvertrag wird nicht automatisch durch die „Rücknahme“ fortgesetzt. Sollten jedoch beide Parteien darüber einig sein, dass der Mietvertrag nicht beendet werden sollte, so wird der Mietvertrag zu den bisherigen Konditionen fortgeführt. Die vom BGH vorgenommene Differenzierung, wann der neue Vertrag abgeschlossen wird, überzeugt nicht.

Jana Wegert

Rechtsanwältin

im Kanzleiforum 06/2015

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz