Alles neu macht der April – Vergaberechtsreform 2016
Das Gesetzgebungsverfahren für eine umfassende Reform des Vergaberechts befindet sich kurz vor dem Abschluss. Bereits im Februar 2016 wurde das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts im Bundesgesetzblatt verkündet. Dieses Gesetz führt die Änderungen in den Teilen 4 bis 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ein. Darin enthalten sind auch die Verordnungsermächtigungen für die Änderungen der Vergabeverordnung und den Erlass weiterer vergaberechtlicher Verordnungen. Insgesamt soll das Gesetz- und Verordnungspaket am 18.04.2016 in Kraft treten.
Notwendig wurde die Vergaberechtsreform wegen der Umsetzung verschiedener europäischer Richtlinien, die u.a. Vorgaben für die Vergabe von Konzessionen enthalten und eine Vereinheitlichung der Vergabeverfahren in Europa beabsichtigen.
Die Reform wird zum Anlass genommen, die Struktur des deutschen Vergaberechts zu verändern und – zumindest nach der Auffassung des Gesetzgebers – zu vereinfachen.
Dazu werden die wesentlichen Regelungen im GWB zusammengeführt und vereinheitlicht. Ergänzend werden neben der umgestalteten Vergabeverordnung eine Sektorenverordnung für die Vergabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung, eine Konzessionsvergabeverordnung mit Bestimmungen für Bau- und Dienstleistungskonzessionen und eine Vergabestatistikverordnung erlassen.
Um die Anwendung des Gesetzes zu erleichtern, wird der Ablauf des Vergabeverfahrens von der Leistungsbeschreibung über die Prüfung von Ausschlussgründen, die Eignungsprüfung, den Zuschlag bis hin zu den Bedingungen für die Ausführung des Auftrags erstmals im Gesetz vorgezeichnet. Vorgaben dazu fanden sich bislang in der VOB/A, der VOL/A und der VOF. Die Möglichkeiten für öffentliche Auftraggeber, strategische Ziele – z. B. umweltbezogene, soziale oder innovative Aspekte – im Rahmen von Vergabeverfahren vorzugeben, werden durch die Neuregelung gestärkt. Darüber hinaus werden jetzt kommunale Freiräume, etwa bei der Vergabe an kommunale Unternehmen oder bei der Zusammenarbeit mit anderen Kommunen, erstmals im Gesetz ausdrücklich geregelt.
Die europäischen Richtlinien sehen vor, dass die elektronische Kommunikation im Vergabeverfahren zur Regel wird. Entsprechend sieht das neue GWB den Grundsatz der elektronischen Kommunikation vor. Eine Konkretisierung zu den elektronischen Kommunikationswegen enthält die neue Vergabeverordnung.
Die reformierten Regelungen gelten weiterhin unmittelbar nur oberhalb der Schwellenwerte (aktuell seit 01.01.2016 für Bauleistungen 5,225 Mio. Euro, für Liefer- und Dienstleistungen 209.000 Euro). Eine Anwendbarkeit unterhalb der Schwellenwerte kann sich aus den landesrechtlichen Bestimmungen ergeben. Eine solche landesrechtliche Regelung enthält u.a. das Sächsische Vergabegesetz.
Martin Alter
Rechtsanwalt
im Kanzleiforum 03/2016
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz