Aktuelle BGH-Entscheidungen aus der Wohnraummiete
1. Urteil vom 04.05.2011, Az. VIII ZR 191/10, zu Aufrechnungsbeschränkungen im Wohnraummietvertrag
In einem Mietvertrag aus dem Jahre 1983 war – wie in vielen auch bei unseren Mandanten noch laufenden Altverträgen – abweichend von der damaligen Rechtslage des § 551 BGB, wonach die Miete zum Monatsende zu entrichten ist, geregelt, dass die Miete bis zum dritten Werktag des laufenden Monats zu zahlen ist. In einer weiteren Mietvertragsklausel wurde der Mieter verpflichtet, eine Aufrechnung mit eigenen Forderungen einen Monat vor Fälligkeit der Miete anzuzeigen.
Aufgrund der Mietrechtsreform 2001 wurde die Vorfälligkeit für die Miete zum dritten Werktag als gesetzliche Regel eingeführt – aber nur für die ab diesem Zeitpunkt geschlossenen Mietverträge. Es war seither unklar, ob die vor 2001 mietvertraglich vereinbarten Vorfälligkeitsregelungen wirksam waren. Zweifel bestanden deshalb, weil die gleichzeitige Vereinbarung einer Aufrechnungsbeschränkung den Mieter unangemessen benachteiligen könnte. Die Unwirksamkeit beruht dann darauf, dass der Mieter wegen der Aufrechnungsbeschränkungen bei berechtigter Mietminderung in die aktive Klagerolle gedrängt werden würde (BGH VIII ARZ 3/94).
Die im Fall verwendete Aufrechnungsklausel sah aber lediglich vor, dass der Mieter die Absicht der Aufrechnung einen Monat vor der Fälligkeit der Miete anzeigt. Damit werde der Mieter aber bei Minderung nicht zwangsläufig auf den Klageweg verwiesen, weil er nach Anzeige im nächsten Monat mindern könne.
2. Urteil vom 02.03.2011, Az. VIII ZR 163/10, zum formularmäßigen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechtes
In Fortsetzung seiner bisherigen Rechtsprechung (VIII ZR 86/10) weist der BGH darauf hin, dass formularvertraglich das ordentliche Kündigungsrecht des Mieters nur für die Dauer von 4 Jahren ausgeschlossen werden kann. Präzisierend wird nun klargestellt, dass der Vierjahreszeitraum die Zeit zwischen Vertragsschluss und dem Ende der Kündigungsfrist, also dem Zeitpunkt des Vertragsendes, und nicht etwa der ersten Möglichkeit der Abgabe der Kündigungserklärung entspricht. Die vorliegende Klausel hatte dagegen bestimmt, dass „die Kündigung erstmals nach Ablauf des bezeichneten Zeitraums“ zulässig erklärt werden könne. Nicht eindeutig unterscheidet der BGH dagegen zwischen Vertragsschluss und Vertragsbeginn, s.a. BGH VIII ZR 86/10 vom 08.12.2010.
3. Urteil vom 29.06.2011, VIII ZR 349/10, zur Verjährung von Schadenersatzansprüchen einer WEG gegen einen Mieter
Die Mieter hatten die Wohnung eines Wohnungseigentümers in einer WEG angemietet und bei Auszug nach Vertragsende den Fahrstuhl im Rahmen von Transportarbeiten beschädigt. Dieser steht bekanntlich im Gemeinschaftseigentum, so dass der WEG ein Schadenersatzanspruch wegen Eigentumsbeschädigung gegen die Mieter zusteht. Die Vorinstanzen (LG und OLG Stuttgart) hatten die eineinhalb Jahre nach Auszug erhobene Klage bzw. das Rechtsmittel unter Berufung auf die kurze Verjährungsfrist des § 548 BGB abgewiesen. Der BGH hat nun entschieden, dass § 548 BGB auf das Verhältnis WEG – Wohnraummieter nicht anwendbar ist sondern die Regelverjährung von drei Jahren gilt.
4. Urteil vom 01.06.2011, VIII ZR 91/10, zum Kündigungsrecht bei fortlaufend unpünktlicher Zahlung und zur Verjährung bei Kautionsüberzahlung
Nach der Feststellung des BGH stellt die fortdauernd unpünktliche Mietzahlung einen gravierenden Vertragsverstoß dar, der zur fristlosen Kündigung nach Abmahnung berechtigt, selbst wenn der Mieter fahrlässig angenommen habe, erst zur Monatsmitte zahlen zu müssen.
Des Weiteren wendet der BGH die Regelverjährungsfrist von 3 Jahren für den Rückforderungsanspruch des Mieters aus ungerechtfertigter Bereicherung des Vermieters wegen Überzahlung der geschuldeten Mietkaution ab dem Zeitpunkt der Überzahlung an, während der Kautionsrückzahlungsanspruch binnen 3 Jahren ab Vertragsende verjährt.
Noreen Walther
Rechtsanwältin