Beurteilung eines Mangels der Mietsache anhand geltender DIN-Normen
Mit Urteil vom 05.06.2013 hat der BGH unter Az. VIII ZR 287/12 zu den Voraussetzungen einer Minderungsberechtigung bei Vorliegen eines Mangels des Mietobjektes Stellung genommen. Der Fall betraf erneut den Ausbau einer Wohnung im Dachgeschoss und die darauf folgende Rüge des Mieters hinsichtlich Lärmbelästigungen durch Trittschall.
1. Sachverhalt
Die Wohnung befand sich in einem im Jahre 1952 errichteten Gebäude. Der Mietvertrag bestand seit 1985. Im Jahre 2003 führte der Vermieter in der darüber befindlichen Dachgeschosswohnung folgende Bauarbeiten durch, die mit der Trennung der Dachgeschosswohnung in 2 Einzelwohnungen einhergingen: So wurde der Estrich auf 12% der betreffenden Wohnfläche entfernt und nach Einbringung vom Schwalbenschwanzplatten erneuert. Des Weiteren wurde großflächig der Estrich abgeschliffen und verspachtelt. Zudem hatte der Vermieter Wände entfernt und 2 neue Wände eingezogen, des Weiteren einen neuen Küchenbereich und weiteres Bad geschaffen sowie Wasser- und Gasleitungen neu verlegt.
Nach einem Mieterwechsel im Jahre 2006 beanstandete der klagende Mieter die unzureichende Schallisolierung der von ihm angemieteten Wohnung im Hinblick auf die darüber befindlichen Dachgeschosswohnungen.
2. Bisherige Rechtsprechung des BGH-Senates
Im Jahre 2004 (Az. VIII ZR 355/03) stellte der BGH bereits fest, dass der Vermieter zur Durchführung vom Lärmschutzmaßnahmen zu Gunsten der Bestandsmieter verpflichte sei, die den Anforderungen der DIN-Normen zur Zeit des Umbaus genügen, wenn er als Vermieter selbst bauliche Veränderungen in einem älteren Gebäude vornimmt. Dies betraf den Ausbau eines Abstellraums im Dachgeschoss hin zu Wohnraum und damit eine erhebliche Änderung der tatsächlichen Nutzung.
Im Urteil vom 17.06.2009 (Az. VIII ZR 131/08) beschränkte der BGH bereits die Lärmschutzverpflichtungen des Vermieters für die Fälle, in denen bloß der Fußbodenbelag der Oberwohnung ohne Veränderung des Estrichs und der Geschossdecke ausgetauscht wurde. In diesem Falle seien die DIN-Normen zur Zeit des Austauschs nicht einschlägig, da die Maßnahme von der Intensität des Eingriffs in die Gebäudesubstanz her mit einem Dachgeschossausbau nicht vergleichbar sei.
Im aktuellen Fall vom 05.06.2013 stellte der BGH auf die DIN-Normen zur Zeit der Errichtung des Gebäudes im Jahre 1952 ab. Er betonte jedoch, dass auf die DIN-Normen nur deshalb abzustellen sei, weil die Vertragsparteien keine konkreten Vereinbarungen zum vertraglich geschuldeten Zustand der Mietsache getroffen hatten. D.h. es steht den Parteien frei, bestimmte Werte oder Beschaffenheit als verbindlich zu vereinbaren, obwohl diese von DIN-Normen abweichen.
Im vorliegenden Fall seien die DIN-Normen zur Errichtung und nicht zur Zeit des Umbaus maßgebend und damit geringere Lärmschutzwerte, da auch die geschilderten Umbauarbeiten nicht mit einem Neubau oder einer grundlegenden Gebäudeänderung vergleichbar seien. Nicht jeder Eingriff in die Gebäudesubstanz könne zur Anwendung der strengen aktualisierten DIN-Normen führen, weil anderenfalls der Vermieter zur Meidung der damit verbundenen Kosten etwaige Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen unterlassen würde.
Die Begradigung oder der Ausgleich eines Estrichs sei nicht als derart gravierend zu beurteilen, als dass hiermit eine Änderung der Schallschutzmindestanforderungen einhergehen müsse.
Von Interesse ist des Weiteren der Umstand, dass die DIN-Normen aus dem Jahre 1952 in dem zugrunde liegenden Fall lediglich hinsichtlich des Trittschallschutzes eingehalten wurden, jedoch hinsichtlich Luftschallschutzes um 1 Dezibel verfehlt wurden. Der BGH stellt dabei fest, dass die Unterschreitung der DIN-Norm um 1 Dezibel so geringfügig sei, dass hiermit keine rechtlich beachtliche Beeinträchtigung einhergehe, da in dieser Größenordnung eine Änderung für das menschliche Ohr ohnehin kaum wahrnehmbar sei.
3. Praxishinweis
Sofern keine grundlegende Umgestaltung, d.h. kein Eingriff von erheblicher Intensität in die Gebäudesubstanz, durch den Vermieter durchgeführt wird, und sofern keine vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarungen getroffen wurden, sind somit die DIN-Normen zur Zeit der Errichtung des Gebäudes maßgebend.
Falls es mangels konkreter Beschaffenheitsvereinbarungen auf DIN-Normen ankommt, sind diese nicht absolut zwingend. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit die Abweichung von einem Grenzwert rechtlich erheblich ist. Dies kann naturgemäß bei DIN-Normen zum Schutze von gesundheitlichen Beeinträchtigungen, insbesondere hinsichtlich Gefahrstoffen, deutlich strenger bewertet werden.
Noreen Walther
Rechtsanwältin