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Der Auskunfts- und Beleganspruch des Nachmieters über die Miethöhe des Vormieters

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 26.06.2019, Aktenz. 65 S 55/19, entschieden, dass der Nachmieter im Rahmen der §§ 556 d ff. BGB a.F. (zulässige Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt) gegenüber dem Vermieter einen Auskunfts- und Beleganspruch über die Höhe der vom Vormieter zuletzt gezahlten Miete hat.

 

Sachverhalt

Der Entscheidung lag ein Berufungsverfahren durch den klagenden Nachmieter gegen seinen Vermieter vor dem Landgericht Berlin zugrunde, nach dem das Amtsgericht Neukölln seine Klage mit der Begründung abgewiesen hatte, der verklagte Vermieter hätte seiner Auskunftspflicht bereits vorgerichtlich durch die pauschale Benennung der Vormiete genüge getan, da ein Anspruch des Nachmieters auf Belegvorlage nicht bestehe. Der zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestehende Mietvertrag vom 15.12.2017 über eine Wohnung in Berlin sah eine monatliche Nettokaltmiete von 1.300 € vor, welche die nach § 556 d Abs. 1 BGB i.V.m. der MietenbegrenzungsVO Berlin höchst zulässige Miete von 806,00 € um 494,00 € überschritt, sodass sich der Vermieter auf den Ausnahmetatbestand des § 556 e BGB berief und ohne Vorlage von Nachweisen behauptete, dass bereits der Vormieter eine Nettokaltmiete in dieser Höhe gezahlt hätte.

 

Die Entscheidung

Das Landgericht Berlin stellte zunächst klar, dass § 556 g BGB auf den vorliegenden Mietvertrag aus dem Jahr 2017 gemäß Art. 229 § 49 Abs. 2 EGBGB in der bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung anzuwenden sei. Weil die Höhe der Vormiete dem Nachmieter in der Regel nicht bekannt ist, bestimmt § 556 g Abs. 3 S. 1 BGB, dass der Vermieter auf Verlangen des Mieters verpflichtet ist, Auskunft über diejenigen Tatsachen zu erteilen, die für die Zulässigkeit der vereinbarten Miete nach den Vorschriften der §§ 556 d ff. BGB maßgeblich sind, soweit diese Tatsachen nicht allgemein zugänglich sind und der Vermieter hierüber unschwer Auskunft geben kann. Der Ausnahmetatbestand des § 556 e Abs. 1 S. 1 BGB besagt, dass entgegen § 556 d Abs. 1 BGB eine Miete bis zur Höhe der Vormiete vereinbart werden darf, sofern die Miete, die der vorherige Mieter ein Jahr vor Vertragsbeendigung schuldete, höher als die nach § 556 d Abs. 1 zulässige Miete war.

Ob die bloße Behauptung des Vermieters, die Vormiete sei bereits beim vorherigen Mietvertrag so hoch gewesen, den Auskunftsanspruch des Mieters erfüllt, ist stark umstritten. Nach Ansicht des Landgerichts Berlin sei in der reinen Benennung der Vormiete durch den Vermieter ohne die Vorlage von Nachweisen keine Erfüllung des Auskunftsanspruchs zu sehen, da dies den Zweck des Auskunftsanspruchs, Rückforderungsprozesse zu vermeiden, nicht erfüllen könne.

So sprechen bereits die Gesetzesmaterialien nach Ansicht des Landgerichts Berlin für einen weitergehenden Anspruch des Nachmittags auf Belegvorlage, da andernfalls § 556 g Abs. 3 BGB nach Einführung des § 556 g Abs. 1a S. 1 Nr. 1 BGB, der dem Vermieter eine unaufgeforderte Auskunftspflicht vor Abgabe der Vertragserklärung über die ein Jahr vor Beendigung gezahlte Vormieter auferlegt, – jedenfalls bezüglich des Ausnahmetatbestandes des § 556 e Abs. 1 BGB – überflüssig wäre.

Der Beleganspruch des Mieters ergebe sich zudem nach Ansicht des Landgerichts Berlin aus der vom Gesetzgeber ausdrücklich in Bezug genommenen BGH-Rechtsprechung zum Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB, nach der eine Belegvorlage im Einzelfall (ausnahmsweise) verlangt werden kann, wenn der Gläubiger zur Überprüfung der Auskunft auf die Vorlage von Belegen angewiesen ist und dem Schuldner dies zugemutet werden kann (BGH v. 17.05.2001 – I ZR 291/98).

Dieser Ausnahmefall sei nach dem Landgericht Berlin mit der vorliegenden Sachlage zu vergleichen. So sei dem Mieter die Überprüfung der Behauptung des Vermieters über die Höhe der Vormieter außergerichtlich nicht möglich, sodass er ohne Belegvorlage gezwungen sei, ins Blaue hinein eine Rückforderungs- oder Feststellungsklage zu erheben, insbesondere, wenn wir hier aufgrund der erheblichen Abweichung der vereinbarten Miete von der ortsüblichen Vergleichsmiete begründete Zweifel an der Wirksamkeit der vereinbarten Miethöhe bestehen. Sofern man den Anspruch des Mieters auf Belegvorlage verneint, so würde ihm nach Ansicht des Landgerichts Berlin folglich ein zusätzliches Prozessrisiko auferlegt werden, was weder mit dem Sinn und Zweck der §§ 556 d ff. BGB vereinbar, noch zum Schutz des Vermieters erforderlich sei. Für den Vermieter, der von einer Ausnahmeregel der §§ 556 d ff. BGB profitiert und dem der Nachweis seiner Behauptung unschwer möglich ist, sei die Belegvorlage zumutbar. Eine Benachteiligung des Vermieters sei darin nicht zu erkennen.

 

Praxishinweise

Nach der vorgenannten Entscheidung des Landgerichts Berlin sollten sich Vermieter künftig nicht mehr auf die reine Angabe der Vormieter bzw. die Behauptung, die Vormiete sei bereits so hoch gewesen, wie die nunmehr vertraglich vereinbarte Miete, beschränken, sondern nach Aufforderung dem Nachmieter geeignete Belege zum Nachweis vorlegen.

Zur Vermeidung datenschutzrechtlicher Verstöße sollte jedoch in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Landgerichts Berlin auf vorab geschwärzte Belege zurückgegriffen werden.

 

Eva-Maria Meichsner
Rechtsanwältin