Eine Vertragserfüllungsbürgschaft von über 10 % stellt eine unangemessene Übersicherung des Auftraggebers dar!
Eine aktuelle Entscheidung des OLG Celle verdeutlicht, dass auch durch das Zusammenwirken verschiedener Sicherungsklauseln im Vertragswerk eine unangemessene Übersicherung des Auftraggebers gegeben sein und hierdurch letztendlich sämtliche Klauseln als nichtig zu betrachten sind.
Sachverhalt
Zwischen dem Auftraggeber und Auftragnehmer war die Erbringung von Montagearbeiten vereinbart. Im Rahmen des Vertragsschlusses sollte der Auftragnehmer ein Vertragserfüllungsbürgschaft über 10 % der Auftragssumme stellen, welche zugleich zur Sicherung der Erfüllung von Mängelansprüche diente. Darüber hinaus war formularmäßig vereinbart, dass Abschlagsrechnungen nur zu 95 % bezahlt werden.
Der Bauvertrag wurde vor Abnahme durch den Auftraggeber gekündigt, welcher infolgedessen die Vertragserfüllungsbürgschaft in Anspruch nehmen wollte. Der Bürge, als Beklagter, wehrte sich mit Erfolg vor dem Amtsgericht Celle. Hiergegen legte der Auftragnehmer Berufung ein.
Rechtliche Würdigung
Das OLG Celle bestätigte das erstinstanzliche Urteil und führte nochmals aus, dass durch das Zusammenwirken der Sicherungsklauseln eine unangemessene Übersicherung des Auftraggebers vorliegt. Durch den vereinbarten Bareinbehalt von 5% der Abschlagsrechnungen und der Erfüllungsbürgschaft von 10 % ergibt sich eine Gesamtsicherheit von 15 %. Beide Klauseln einzeln betrachtet wären wirksam, allerdings ist es im Rahmen eines streitigen Verfahrens nicht Aufgabe des Gerichts zu beurteilen, welche Klausel bestehen bleiben soll, sodass beide Regelungen nichtig sind und der Bürge nicht Anspruch genommen werden kann.
(Beschluss des OLG Celle vom 18.11.2021 – 14 U 119/21)
Michelle Freitag
Rechtsanwältin