>

Gewerbemiete und Lockdown

Die unterschiedlichen Urteile zweier Oberlandesgerichte offenbaren die Unvorhersehbarkeit der gewerbemietrechtlichen Rechtsprechung aufgrund pandemiebedingter Beeinträchtigungen. In beiden Fällen hatte jeweils der Mieter von Gewerberäumen die Miete wegen behördlich angeordneter Filialschließungen gemindert.

 

Der Fall des OLG Karlsruhe vom 24.2.2021, Az. 7 U 109/20

Eine allgemeine coronabedingte Schließungsanordnung stellt nach Ansicht der Karlsruher Richter keinen Sachmangel des Mietobjekts dar, der Mieter sei entsprechend nicht zur Mietminderung berechtigt. Der Objektzustand als solcher sei weiterhin unverändert vertragsgemäß, in Betracht könne allein der „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ in Betracht kommen, was jedoch voraussetze, dass die Mietzahlung zur Existenzgefährdung des Mieters führen würde. Auch die Interessenlage des Vermieters sei zu berücksichtigen. Für eine Vertragsanpassung seien die Umstände des Einzelfalls zu prüfen, insb. Rückgang der Umsätze, mögliche Kompensationen durch Onlinehandel oder staatliche Leistungen, ersparte Aufwendungen, weiterhin verkaufbare Ware etc. Dazu müsse der Mieter vortragen und Nachweis führen.

 

Der Fall des OLG Dresden vom 24.2.2021, Az.  5 U 1782/20

Aufgrund der pandemiebedingten staatlichen Schließungsanordnungen sei eine Störung der (großen) Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB des Mietvertrages eingetreten. Das führe zu einer Vertragsanpassung durch Reduzierung der Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte, weil weder Vermieter noch Mieter die Ursache für die Vertragsstörung gesetzt oder sie vorhergesehen habe.

 

Einordnung:

Beide Gerichte haben die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Entscheidung des OLG Karlsruhe steht im Einklang mit dem erst im Dezember in Kraft getretenen Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht vom 22.12.2020 – wir informierten darüber in der Aktuellen Information Nr. 03/2021. In die gleiche Richtung wie das OLG Karlsruhe tendiert das OLG München im Hinweisbeschluss m 17. Februar 2021, Az. 32 U 6358/20: es liege kein Mangel vor, aber eine Anpassung der Geschäftsgrundlage sei einzelfallbezogen zu prüfen, insb. ob das Festhalten an der vertraglichen Vereinbarung unzumutbar sei, wobei staatliche Hilfen, der Umsatz der vergangenen Jahre eine Rolle und die Möglichkeit Rücklagen zu bilden zu berücksichtigen seien. Selbst bei Feststellung der Unzumutbarkeit komme nicht zwingend eine Mietreduzierung, sondern statt dessen auch eine Stundung der Miete in Betracht.

 

 

 

Noreen Walther

Rechtsanwältin

Praxistipp für eingeloggte Mandanten

Der Praxistipp steht eingeloggten Mandaten zur Verfügung.

Zum Login