Haftung des Grundstückseigentümers für den durch einen Handwerker verursachten Brand
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Grundstückseigentümer für einen Brand verantwortlich ist, der ein von ihm beauftragte Handwerker bei Reparaturarbeiten an seinem Haus verursacht hat. Die sorgfältige Auswahl des Handwerkers ändert nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nichts an der Verantwortlichkeit des Grundstückseigentümers (BGH NJW 2018,1542).
Sachverhalt
In Rahmen von Reparaturarbeiten, die im Auftrag der Grundstückseigentümer am eigenen Hausdach durchgeführt wurden, verursachte der beauftragte Dachdecker bei Heißklebearbeiten mit einem Brenner schuldhaft die Entstehung eines Glutnestes unter den aufgeschweißten Bahnen, was sich bis zum Abend zu einem Feuer entwickelte. Trotz der sofort herbeigerufenen Feuerwehr brannte das Haus der Grundstückseigentümer vollständig ab. Das an das Haus der Grundstückseigentümer unmittelbar angebaute Nachbarhaus nahm ebenfalls durch den Brand und die Löscharbeiten einen erheblichen Schaden. Die Vorinstanzen haben die Klage der Versicherung des geschädigten Nachbarn gegen die Grundstückseigentümer als Beklagten mit der Begründung abgewiesen, die Beklagten sein nicht zum Ersatz verpflichtet. Die Grundstückseigentümer hätten aufgrund sorgfältiger Auswahl des Dachdeckers alles Erforderliche getan, um ein Brandrisiko während der Dachdeckerarbeiten auszuschließen.
Rechtliche Würdigung
Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Klägerin das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14.01.2016 – 4 U 52/15 aufgehoben und entschieden, dass der Klägerin gegen die verklagten Grundstückseigentümer aus übergegangenem Recht gemäß § 86 Abs. 1 VVG ein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zusteht.
Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch setzt nach ständiger Rechtsprechung des BGH voraus, dass von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein Nachbargrundstück ausgehen, die der Nachbar nicht dulden muss aber aus besonderen Gründen nicht unterbinden kann und hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen. Diese Voraussetzung hat der BGH mit der Begründung bejaht, dass der Nachbar die Brandgefahr grundsätzlich nicht erkennen und die Einwirkungen auf sein Grundstück durch den Brand daher nicht rechtzeitig abwehren kann.
Die Grundstückseigentümer müssen zudem als weitere Voraussetzung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB sein. Dies setzt voraus, dass die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks zumindest mittelbar auf den Willen der Grundstückseigentümer oder Grundstücksbesitzer zurückgeht. Diese Voraussetzung hat der BGH vorliegend ebenfalls bejaht. Der Verantwortlichkeit der Grundstückseigentümer stehe insbesondere nicht entgegen, dass der Brand auf den beauftragten Dachdecker zurückzuführen war. Nach Ansicht des BGHs ist auch derjenige mittelbarer Handlungsstörer, der die durch einen Dritten hervorgerufene Beeinträchtigung des Nachbarn durch seine Willensbetätigung verursacht. Dabei soll es für die Schadenszurechnung nicht darauf ankommen, ob die Grundstückseigentümer bei der Auswahl des Dachdeckers sorgfaltsgemäß gehandelt oder ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben. Es komme vielmehr auf das Vorliegen von Sachgründen an, nach denen die Störung des Nachbargrundstücks bzw. Nachbargebäudes dem Verantwortungsbereich der Grundstückseigentümer oder-besitzer zuzurechnen ist.
Zur Bejahung solcher Sachgründe reicht es nach Ansicht des BGHs aus, dass die Grundstückseigentümer im vorliegenden Fall die Dacharbeiten veranlasst haben und aus diesen ihren Nutzen ziehen wollten. Damit hätten sie eine zurechenbare Gefahrenquelle geschaffen, sodass der bei der Auftragsausführung verursachte Brand auf Umständen beruhe, die dem Einflussbereich der Grundstückseigentümer zuzurechnen sei. Dass die Grundstückseigentümer den Dachdecker sorgfältig ausgesucht und ihm die konkrete Ausführungsart nicht vorgeschrieben haben, ändere an der Verantwortlichkeit der Grundstückseigentümer und damit an ihrer gegenüber dem Nachbarn bestehenden Ausgleichspflicht nichts.
Auch, wenn den Grundstückseigentümern wiederum aufgrund des Brandschadens ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem verantwortlichen Dachdecker zustand, so half ihnen dieser Anspruch vorliegend jedoch nicht weiter, da über das Vermögen des Dachdeckers das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet war und somit eine Zahlungsfähigkeit des Dachdeckers ausschied.
Eva-Maria Kreis
Rechtsanwältin
Aktuelle Information Nr. 40/2018
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz