Minderung aufgrund Baulärm
Das Landgericht Berlin, 67. Zivilkammer, hat in seinem Beschluss vom 15.01.2019, veröffentlicht am 05.06.2019, – Aktenz. 67 C 309/18 – eine Mietminderung bei erheblichem Baulärm für rechtmäßig befunden.
Sachverhalt:
Die Klägerin hatte sich als Mieterin der Beklagten auf ihr Minderungsrecht berufen, nachdem auf dem Nachbargrundstück eine Tiefgarage zunächst abgerissen und danach ein Hochhaus errichtet wurde, was über einen längeren Zeitraum zu erheblichem Baulärm geführt hatte. Die Klägerin begehrte daraufhin von der Vermieterin die Erstattung mangelbedingt überzahlter Mieten für den durch Baulärm gestörten Zeitraum. Das Amtsgericht Berlin-Mitte verurteilte die Vermieterin auf Rückzahlung von 20 % des im Zeitraum Juli 2015 bis September 2017 entrichteten Mietzinses gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dagegen richtete sich die Berufung der Vermieterin vor dem Landgericht Berlin.
Entscheidung:
Das Landgericht Berlin hielt an dem erstinstanzlichen Urteil fest. Nach dem Landgericht Berlin war die Miete im streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund des erheblichen Baulärms auf dem Nachbargrundstück in Sinne von § 536 Abs. 1 BGB teilweise gemindert. Der Baulärm sei ein Mietmangel gemäß § 536 Abs. 1 BGB. Dabei sei es unerheblich, ob der Lärm vom Vermieter oder einem Dritten ausgehe. Auch spiele es keine Rolle, ob der Vermieter gegenüber dem Lärmverursacher, hier dem Nachbarn, Abwehr- oder Entschädigungsansprüche nach § 906 BGB hat. Eine andere Beurteilung sei mit dem verursachungs- und verschuldensunabhängigen Gewährleistungsrechte der §§ 535 ff. BGB unvereinbar, da es sonst von den vom Zufall abhängenden rechtlichen Beziehungen des Vermieters und des Verursachers abhängen würde, ob Minderungsrechte des Mieters bestehen.
Dabei soll es zu keiner anderen Beurteilung führen, wenn der Mietvertrag keine Abrede zur Immissionslast enthalte. In diesem Fall müsse nach dem Landgericht Berlin eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend erfolgen, dass die Miete während der Beeinträchtigung adäquat gemindert sei, wenn dem Vermieter gegenüber dem Verursacher wegen der Hinnahme der Immissionen Entschädigungsansprüche zustehen.
Die einheitliche Minderungsquote von 20 % wurde vom Landgericht Berlin ebenfalls für angemessen befunden. So wären Gerichte bei einem Mangel, der die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache während eines längeren Zeitraums unterschiedlich intensiv beeinträchtigt, nach § 287 ZPO zur Schätzung der sich daraus ergebenden Gesamtbeeinträchtigungen berechtigt und könnten diesbezüglich eine einheitliche Minderungsquote festlegen.
Praxishinweise:
Hier gilt es zu beachten, dass bisher zahlreiche Gerichte vergleichbare Sachverhalte anders beurteilt und einen Anspruch des Mieters auf eine Mietminderung verneint haben. Inwieweit sich weitere Gerichte der vorgenannten Entscheidung des Landgerichts Berlin anschließen werden, bleibt zunächst abzuwarten.
Fest steht jedoch, solange es keine einheitliche Rechtsprechung zu der aufgezeigten Problematik gibt, müssen Mieter trotz der Entscheidung des Landgerichts Berlin damit rechnen, dass ihnen kein Minderungsrecht zugesprochen wird, mit der Folge, dass sie sich mit der einbehaltenen Miete in Verzug befinden und gegebenenfalls sogar die fristlose Kündigung fürchten müssen. Denn die Gefahr einer unberechtigten oder zu hohen Mietminderung trägt weiterhin der Mieter. Doch auch für Vermieter gilt, künftige Mietminderung aufgrund Bauimmissionen genau zu prüfen und nicht leichtfertig abzulehnen.
Eva-Maria Kreis
Rechtsanwältin
Aktuelle Information Nr. 28/2019
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz