Schadenersatzpflicht des Mieters für farbig zurückgegebene Wohnung
Der BGH hat im Urteil vom 06.11.2013 zu Az. VIII ZR 416/12 dem Vermieter von Wohnraum einen Schadenersatzanspruch gegen den Mieter, der die Wohnung mit farbig gestrichenen Wänden zurückgibt, zugebilligt.
Der Mieter hafte für die zur Herstellung der Wiedervermietbarkeit erforderlichen Kosten gemäß §§ 535, 241 Absatz 2, 280 Absatz 1 BGB, wenn er die Wohnung seinerzeit frisch in weißer Farbe renoviert übernommen und später selbst einzelne Wände in kräftigen Farben (im Fall: rot, gelb und blau) angestrichen habe. Die zitierten gesetzlichen Bestimmungen betreffen die schuldhafte Verletzung von Rücksichtnahmepflichten.
Der BGH stellt darauf ab, dass die Farbänderung zu einem Zustand geführt habe, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert werde und eine Neuvermietung praktisch unmöglich mache. Der Vermieter werde so gezwungen, eine „für breite Mieterkreise nicht akzeptable Art der Dekoration“ beseitigen zu müssen.
Bislang liegt lediglich die Pressemitteilung vor. Auf den ersten Blick scheint das Urteil nicht mit den bisherigen Leitlinien des BGH zu harmonieren.
So betonte der BGH in den Entscheidungen der letzten Jahre immer wieder für die Mietzeit das Recht des Mieters zur freien Entfaltung seiner Persönlichkeit. Insbesondere in farblicher Hinsicht dürften dem Mieter während der Mietzeit keine Beschränkungen auferlegt werden. Das gilt z.B. für die Pflicht, die Oberwände zu „weißen“, BGH 23.09.2009, Az. VIII ZR 344/08, NZM 2009, 903, 14.12.2010, Az. VIII ZR 198/10, NZM 2011, 150, Az. VIII ZR 47/11, oder die Fenster und Türen nur weiß zu streichen, BGH 20.01.2010, Az. VIII ZR 50/09, NZM 2010, 236; VIII ZR 47/11 – Urteil vom 21.09.2011, ZMR 2012, 97.
Auch zu der in vielen Formularverträgen enthaltenen Klausel, dass der Mieter „nur mit Zustimmung des Vermieters von der bisherigen Ausführungsart abweichen“ darf, hat sich der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28.03.2007 unter Aktenzeichen VIII ZR 199/06, NZM 2007, 398, geäußert und diese Klauseln für unwirksam erklärt. Zur Begründung hat er zum Einen ausgeführt, die Klausel sei unklar und deshalb gemäß § 305 c II BGB als Formularklausel unwirksam, weil der Begriff „Ausführungsart“ sowohl die Grundausstattung als auch die Ausgestaltung im Einzelnen betreffen könne. Die Grenze zwischen zustimmungspflichtigen und –freien Änderungen sei nicht definiert. Bei unterstellt ungünstigster Auslegung werde der Mieter als Vertragspartner zudem unangemessen benachteiligt. Dem Mieter müsse die Möglichkeit bleiben, die Wohnung durch Wahl des Farbtons nach seinen Geschmacksvorstellungen einzurichten.
Dagegen berücksichtigte ein Teil der Rechtsprechung jedenfalls im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung die Grenze des sog. „guten Geschmacks“ und verpflichtete den Mieter unter dem Gesichtspunkt der Schadensbeseitigung zur Beseitigung der Anstriche mit „Schockfarben“, vgl. AG Pankow, MM 2008, 75. Während ein „roter Volltonanstrich“ im Schlafzimmer keinen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache darstelle, müsse eine im Kinderzimmer angebrachte Mustertapete mit Sternchen bei Vertragsende nicht entfernt werden, LG Frankfurt a.M., NZM 2007, 922.
Der BGH hat sich offenbar dieser „Schockfarbenrechtsprechung“ angeschlossen. Einzelheiten können aber erst den Entscheidungsgründen entnommen werden. Sobald diese veröffentlicht sind, werden wir entsprechend informieren. Vorerst besteht kein Grund zur Euphorie.
Noreen Walther
Rechtsanwältin