Unwirksamkeit von Indexmietklauseln in Gewerberaummietverträgen
Das Landgericht Wuppertal hat im Urteil vom 24.11.2016 zu Az. 7 O 139/15 erstmals zu einer in der Rechtsliteratur seit Längerem geführten Diskussion zur Unwirksamkeit von Indexmieterhöhungsklauseln Stellung bezogen.
Hintergrund
In der Gewerbemiete sind keine gesetzlichen Mieterhöhungsmöglichkeiten normiert. Die Instrumente zur Mietanpassung nach Vergleichsmiete gemäß §§ 558 ff. BGB sowie nach Modernisierung gemäß §§ 559 ff. BGB sind nicht kraft Gesetzes anwendbar, sie gelten nur für die Wohnraummiete.
Somit bedürfen Mieterhöhungen in Gewerbemietverhältnissen stets der einvernehmlichen Vereinbarung. Dies kann auch bereits bei Vertragsschluss, z. B. durch eine Staffel- oder Indexmietklausel erfolgen. Letztere erfreuen sich angesichts der unsicheren Entwicklung der Währungspolitik zunehmender Beliebtheit.
Allerdings sind die Anforderungen an eine wirksame Klauselgestaltung recht hoch. So sind nach dem Preisklauselgesetz (PrKG) Klauseln unwirksam, die
- nur eine Erhöhung, nicht aber auch eine Senkung der Miete vorsehen („upwards only“),
- für eine kürzere Mietdauer als 10 Jahre vereinbart werden (ausreichend ist Option für den Mieter zur Vertragsverlängerung auf 10 Jahre, Verzicht auf ordentliche Kündigung durch Vermieter auf 10 Jahre)
- oder die eine die Indexsteigerung übertreffende Mietanpassung vorsehen (z. B. Indexsteigerung um 10 %, Mietsteigerung auf 120 %).
Allerdings normiert § 8 PrKG, dass Verstöße – wenn nichts anderes vereinbart ist – erst dann zur Unwirksamkeit einer Indexklausel für die Zukunft führen, sobald ihre Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist.
Beispiel:
Die Parteien vereinbaren eine Indexklausel im Mietvertrag vom 01.05.2017, sehen aber nur eine Mindestlaufzeit von 6 Jahren vor. Der Mieter zahlt in den ersten beiden Vertragsjahren die Miete mit Steigerungen aufgrund der Indexklausel und stellt dann fest, dass die Klausel eigentlich unwirksam ist. Er kann jetzt nicht einfach die Zahlung auf die Ausgangsmiete beschränken und Rückerstattung der indizierten Steigerungen beanspruchen sondern muss eine Feststellungsklage gegen den Vermieter erheben. Wird dann bspw. im Jahre 2021 – nach einem Jahr Prozessdauer über 2 Instanzen – die Unwirksamkeit der Klausel rechtskräftig festgestellt, schuldet der Mieter ab diesem Zeitpunkt nur noch die Ausgangsmiete, kann aber keine Rückerstattung für die Vergangenheit verlangen.
Rechtsansichten und Entscheidung des LG Wuppertal
In der Rechtsliteratur wird schön länger darauf hingewiesen, dass unabhängig von den Regelungen des Preisklauselgesetzes auch eine Unwirksamkeit einer Formularklausel nach den Bestimmungen des AGB-Rechts, §§ 305 ff. BGB, zu prüfen sei. Diese tritt bekanntlich nicht etwa erst ab gerichtlicher Feststellung ein, sie sind von Anfang an unwirksam, so dass auch Rückforderungsansprüche bestehen können. Als unangemessene Benachteiligung eines Gewerbemieters kann bspw. eine vom Vermieter erstellte Formularklausel gelten, die nur eine einseitige Mieterhöhung nach Preisindex normiert, § 307 BGB. Nach anderer Ansicht handelt es sich aber bei § 8 PrKG um eine vorrangige Spezialregelung (lex specialis), die auch für Formularklauseln gelte.
Das LG Wuppertal hat sich der ersten Ansicht angeschlossen. Somit konnte der Mieter – entgegen § 8 PrKG – rückwirkend die Steigerungsbeträge wegen Klauselunwirksamkeit zurückfordern und seine Zahlung zukünftig auf die Ausgangsmiete beschränken.
Hinweise
Die Beschränkungen des Wohnraummietrechts für Indexklauseln nach § 557 b BGB (Mindestintervall 1 Jahr zwischen Steigerungszeitpunkten, Erfordernis der Mitteilung der Steigerung in Textform) gelten in der gewerblichen Miete nicht.
Abzuraten ist von früher gebräuchlichen Punkteindizes, da diese von den veröffentlichten Basisjahren des Statistischen Bundesamtes abhängig sind, die turnusmäßig umgestellt werden. Transparenter und praktikabler sind sog. Prozentklauseln.
Noreen Walther
Rechtsanwältin
Aktuelle Information Nr. 36/2017
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz