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Vereinbarung einer förmlichen Abnahme schließt konkludente und fiktive Abnahme aus

Die nachfolgende Entscheidung des OLG München befasst sich mit den Folgen einer Vereinbarung zur förmlichen Abnahme sowie den Grundsätzen zur Vertragserfüllungsbürgschaft in Kombination mit einer Gewährleistungssicherheit.

 

Sachverhalt

Die streitenden Parteien haben eine Vertragserfüllungsbürgschaft sowie eine Gewährleistungssicherheit kombiniert vereinbart. Wobei unter anderem nach § 13 Abs. 1 des Bauvertrages gilt:

„Der Auftragnehmer leistet an den Auftraggeber eine Sicherheit für die Vertragserfüllung. Diese dient der Sicherheit für die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere der vertragsgemäßen und rechtzeitigen Ausführung, der Leistung von Schadensersatz, der Zahlung der Vertragsstrafe sowie der Rückerstattung von Überzahlungen, einschließlich Zinsen.“

Die Vertragserfüllungsbürgschaft wurde in Höhe von 10 % der Auftragssumme gestellt. Darüber hinaus wurde unter Absatz 2 eine Gewährleistungssicherheit vereinbart, welche in Höhe von 5 % zu erbringen war.

Eine förmliche Abnahme ist bislang nicht erfolgt. Die Klägerin wendet nunmehr ein, dass eine Übersicherung vorliegen würde und verlangt die Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, wogegen sich die Klägerin mit der Berufung wendet.

 

Rechtslage

Die Berufung wird zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaft besteht nicht.

Nach überwiegender Auffassung ist eine Vereinbarung zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von deutlich oberhalb 5 % der Nettoauftragssumme wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers unwirksam. Falls mit der Vereinbarung „sämtliche Ansprüche aus dem Vertrag“ auch nach Abnahme entstandene Gewährleistungsansprüche erfasst werden sollen und sofern nicht auch eine Regelung zur Rückgabe der Bürgschaft existiert, dass diese im Zeitpunkt der Abnahme oder unmittelbar danach zurückgegeben werden muss oder der Umfang der von ihr verbürgten und nach Abnahme entstandenen Mängelansprüche des Auftraggebers in anderer Weise auf eine Höhe von 5 % der Nettoauftragssumme beschränkt wird.

Die Vereinbarung nach § 13 des Vertrages ist dahingehend auszulegen, dass ein Anspruch auf Erfüllung des Vertrages grundsätzlich nur bis zur Abnahme, mithin der Erklärung, dass das erstellte Werk im Wesentlichen vertragsgerecht ist, gegeben ist. Ein Erfüllungsanspruch ist nur bis zur Abnahme möglich. Vorliegend ist daher keine Übersicherung gegeben, da gemäß der vertraglichen Regelung die Sicherung nicht unbegrenzt ist, sondern die Bürgschaft nach Abnahme zurückzugeben ist.

Ferner haben die Parteien eine förmliche Abnahme im Sinne von § 12 Abs. 4 VOB/B vereinbart und somit andere Formen der Abnahme ausschließen wollen. Mit der Vereinbarung einer förmlichen Abnahme ist zumindest die Abnahmefiktion oder die konkludente Abnahme ausgeschlossen, da aus dem Willen der Vertragsparteien eindeutig hervorgeht, dass eine förmliche und damit auch gut belegbare Abnahme vorgesehen sein soll.

Beschluss des OLG München vom 08.03.2022 – Az.: 28 U 9184/21 Bau

 

 

 

Michelle Freitag
Rechtsanwältin