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Aktuelles zur Wohnungseigentümerversammlung

Der bestellte Verwalter hat mindestens einmal jährlich zur Versammlung zu laden. Inwieweit er Zusatzvergütungen für weitere Versammlungen erhält, ist abhängig von einer wirksamen Vereinbarung im Verwaltervertrag und ob er die Notwendigkeit einer weiteren Versammlung zu vertreten hat.

In der Einladung sind sämtliche Beschlussgegenstände so zu bezeichnen, dass die Eigentümer sich ein Bild vom Inhalt des TOP machen und entscheiden können, ob sie selbst teilnehmen oder einen Dritten bevollmächtigen wollen, ggf. welche Weisungen sie ihm erteilen möchten oder ob die Versammlung für sie gar kein Interesse hat. Je komplexer oder unbekannter der Beschlussgegenstand ist, umso ausführlicher muss der Verwalter beschreiben oder erläutern, was beraten werden soll. Ggf. sind Entwürfe oder Angebote im erforderlichen Umfang mit als Anlage zu versenden. Ist eine Beschlussfassung unverzichtbar, weil z. B. Schäden am Gemeinschaftseigentum drohen, wenn die Sanierung nicht unverzüglich beschlossen wird, hat der Verwalter auf entsprechende Erfordernisse und Haftungsfolgen hinzuweisen, BGH Az. V ZR 9/14. Vorformulierte Beschlusstexte sollten nicht versandt werden, da bei Änderungen in der Versammlung für Stimmrechtsvertreter nicht ersichtlich ist, ob der Beschluss in der Änderungsfassung noch von der Weisung des vertretenen Eigentümers gedeckt ist.

Beschlüsse widersprechen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn z. B.:

  • bei Instandsetzungsarbeiten nicht mindestens 3 Vergleichsangebote eingeholt worden sind, AG Dortmund Az. 513 C 22/15;
  • der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit verletzt wird, LG Düsseldorf Az. 25 S 56/10 (gemeinsame Versammlung mehrerer WEGs); Teilnahme durch Bevollmächtigten und Vertretenen gleichzeitig, LG Karlsruhe Az. 11 S 118/14;
  • der Instandsetzungsbeschluss nicht zugleich die Kostenfrage regelt, LG Frankfurt a. M. Az. 2-09 S 99/14.

Beschlüsse sind anfechtbar durch Erhebung einer Anfechtungsklage beim Amtsgericht binnen eines Monats ab Beschlussfassung, sie müssen binnen zwei Monaten ab Beschlussfassung begründet werden, § 46 WEG. Gründe, die in dieser Frist nicht vorgetragen sind, können nicht mehr in der Klage berücksichtigt werden. Die Versendung des Protokolls ist grds. nicht mehr erforderlich, da die Beschlusssammlung unverzüglich nach der Versammlung zu aktualisieren und jederzeit einsehbar ist, LG Dortmund Az. 1 S 178/13 (Ausnahme: Vereinbarung, Vertrauensschutz wegen bisheriger Handhabung).

Die Rüge des jeweiligen Verstoßes in der Versammlung durch den Anfechtenden ist nach herrschender Ansicht nicht Klagevoraussetzung, einige wenige Gerichte weichen neuerdings von dieser bisher einhelligen Rechtsansicht ab, vgl. AG Wismar Az. 2 C 643/15 WEG; LG Düsseldorf Az. 25 S 56/10.

Nichtige Beschlüsse müssen nicht angefochten werden, sie sind ohne Weiteres unwirksam. Unbestimmte Beschlüsse oder solche ohne Beschlusskompetenz gehören dazu. Fälle fehlender Beschlusskompetenz sind bspw.:

  • Beschluss über Sondereigentum, BGH Az. V ZR 176/10;
  • Einräumung von Sondernutzungsrechten; BGH Az. V ZB 58/99; V ZR 96/16
  • Tätigkeitspflichten von Sondereigentümern (z. B. Hausreinigung), BGH Az. V ZR 193/09;
  • Beschlüsse zu Lasten ausgeschiedener Eigentümer, BGH Az. V ZR 113/11;
  • grundlegende zukünftige Änderung der Kostenverteilung für Baumaßnahmen, BGH Az. V ZR 162/10, oder für Rücklage, BGH Az. V ZR 202/09;
  • Veräußerung / Belastung von Grundstücksteilen, BGH Az. V ZR 103/12;
  • nochmalige Beschlussfassung über bereits beschlossene Hausgeldrückstände, BGH Az. V ZR 147/11;
  • Vergemeinschaftung der Abnahme des Gemeinschaftseigentums, LG München Az. 36 S 17586/15 WEG;
  • Begründung erstmaliger Zahlungspflichten zu Lasten eines SE, BGH Az. V ZR 225/11;
  • Handlungspflichten von Mietern oder Abschluss von Versicherungsverträgen durch einzelne Sondereigentümer, LG Dresden Az. 2 T 407/12;
  • Beschlüsse einer Untergemeinschaft über Angelegenheiten, die auch die Gesamt- oder andere UG betreffen (sofern überhaupt getrennte Stimmkreise vereinbart sind), LG Hamburg Az. 318 S 74/15; LG München Az. 1 S 7364/16 WEG;
  • Beschlusskompetenz für einen Grundstückserwerb kann bestehen, wenn dies der Verwaltung dient (z. B. zur Nutzung als Parkplatz), BGH Az. V ZR 75/15;
  • auch für eine Kreditaufnahme besteht grds. Kompetenz, BGH Az. V ZR 251/11 (Achtung: Belehrungspflichten des Verwalters).

Unbestimmt ist ein Beschluss, wenn ein Vorgang nicht konkret genug beschrieben ist, so dass ein Dritter nicht ohne Zuhilfenahme fremder Personen den Inhalt bestimmen kann. Sind Beschlüsse z. B. über Baumaßnahmen oder über die Jahresabrechnung sehr umfangreich, kann auf eine konkrete Anlage ausdrücklich Bezug genommen werden, das Dokument muss aber durch Anheftung an das Protokoll oder Aufbewahrung in einem bestimmten Anlagenordner und die Inbezugnahme im Beschlusstext zweifelsfrei bestimmbar sein, BGH Az. V ZR 104/15; AG Dortmund Az. 514 C 40/15.

Ein Beschluss ist auch nicht existent, wenn sein Zustandekommen nicht festgestellt und verkündet worden ist; BGH Az. V ZB 10/01.

Die Beschlussfähigkeit ist für jeden Tagesordnungspunkt gesondert zu prüfen, da Personen den Saal während der Veranstaltung verlassen oder betreten können und weil der Verwalter für einzelne TOP wegen Interessenkollision an der Ausübung von Stimmrechtsvollmachten gehindert sein kann, AG Weimar Az. 5 C 839/11. Fehlende Beschlussfähigkeit führt jedoch nur zur Anfechtbarkeit, BGH Az. V ZR 116/15.

Noreen Walther

Rechtsanwältin

Kanzleiforum 9/2017
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz