Das Vermieterpfandrecht in der Praxis
Schon seit dem römischen Recht bestand für Vermieter die Möglichkeit, an eingebrachten Sachen des Mieters ein Pfandrecht zu begründen. Entsprechende Regelungen wurden in das BGB übernommen und sind nunmehr in den §§ 562 bis 562d BGB fester Bestandteil. Um die praktische Bedeutung näher ausführen zu können, ist zunächst die Darstellung des Vermieterpfandrechts im Allgemeinen notwendig.
Durch das Vermieterpfandrecht wird dem Vermieter die Möglichkeit eingeräumt, sich durch Verwertung von eingebrachten pfändbaren Sachen des Mieters zu befriedigen. Für eine wirksame Inanspruchnahme des Vermieterpfandrechts sind folgende Voraussetzungen unabdingbar:
a) wirksames Mietverhältnis
Das Vermieterpfandrecht kann nur entstehen, soweit ein Mietverhältnis über Wohnräume, sonstige Räume oder Grundstücke besteht. Über § 581 Abs. 2 BGB ist das Vermieterpfandrecht auch im Rahmen eines Pachtvertrages möglich.
b) Forderung des Vermieters
Zudem muss die Forderung aus dem Mietverhältnis herrühren. Das heißt, es sind nur solche Forderungen erfasst, die sich aus dem Wesen des Mietvertrags als entgeltliche Gebrauchsüberlassung ergeben. Hierunter sind somit Mietzahlungen und Schadenersatzansprüche zu subsumieren.
c) pfändbare, bewegliche Sache des Mieters
Das Vermieterpfandrecht entsteht nur an pfändbaren Sachen des Mieters. Der Mieter muss somit Eigentümer, Miteigentümer oder Anwartschaftsberechtigter der Sache sein. Hinsichtlich der Pfändbarkeit sind die §§ 811 ff. ZPO maßgeblich. Für den Geschäftsraummietvertrag ist insbesondere der § 811 Abs. 1 Nr. 5, 7,9 und 11 ZPO zu beachten.
d) „Einbringen“ der Sache
Die Sache gilt als eingebracht, wenn der Mieter diese während der Mietzeit willentlich in die Mieträume hineingeschafft hat. Das Pfandrecht entsteht nicht an solchen, die sich nur vorübergehend in der Mietsache befinden sollen.
e) Entfernung der Sache
Die Sache dürfte auch nicht entfernt worden sein. Hiervon werden allerdings vom Gesetzgeber zwei Ausnahmen gemacht: Die Entfernung erfolgte ohne Wissen des Vermieters oder der Vermieter hat der Entfernung ausdrücklich widersprochen.
Zum Schutz und zur Geltendmachung des Anspruchs obliegt dem Vermieter die Möglichkeit, die Entfernung zu verhindern und die Sache in Besitz zu nehmen, soweit der Mieter ausgezogen ist. Zudem kann der Vermieter gegenüber dem Mieter einen Herausgabeanspruch geltend machen und diesen ggf. gerichtlich durchzusetzen. Soweit Pfandreife eingetreten ist, ist es dem Vermieter möglich, die gepfändete Sache im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung zu verkaufen. Allerdings stellt das Vermieterpfandrecht kein Selbsthilferecht dar. Der Zugang zur Wohnung des Mieters und die anschließende Verpfändung von Sachen bedürfen stets eines richterlichen Beschlusses (vgl. Urteil des BGH vom 14.07.2010 – Az.: VIII ZR 45/09).
In der Praxis stellt sich häufig die Problematik, dass keine werthaltigen Sachen des Mieters vorhanden sind oder nicht in seinem Eigentum stehen. Es sollte daher stets im Einzelfall abgewogen werden, ob die Inanspruchnahme des Vermieterpfandrechts sinnvoll erscheint.
Michelle Freitag
Rechtsanwältin