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Der Mieter verliert Schlüssel – Was tun?

Jeder Vermieter kennt dieses Problem. Entweder fällt bei Rückgabe der Mietsache auf, dass ein oder mehrere Schlüssel fehlen, oder der Mieter meldet im bestehenden Mietverhältnis den Verlust einzelner oder gar aller Schlüssel. Für Sie stellt sich dann zum einen die Frage, wer bezahlt den oftmals teuren Ersatz? Zum anderen ist oftmals unklar, was überhaupt ersetzt werden muss oder soll, wenn z. B. der verlorene Schlüssel zu einer Schließanlage in der Liegenschaft gehört.

 

Grundsätzlich hat der Mieter gegenüber dem Vermieter eine vertragliche Obhutspflicht und muss bei Verlust dies dem Vermieter umgehend melden. Zudem muss der Mieter dem Vermieter einen diesbezüglichen von ihm verschuldeten Schaden grundsätzlich auch ersetzen. Ab dieser Stelle sind jedoch folgende Punkte wichtig und für eine erfolgreiche Anspruchsverfolgung essentiell.

 

  1. Sie sollten den Mieter unverzüglich aufklären, sofern Sie ein Schließsystem bzw. eine Schließanlage einbauen, dass er im Falle des Verlustes von Schlüsseln einen ungewöhnlich hohen Schaden ersetzen muss (so z. B. LG München, Urt. v. 18.06.2020 – Az.: 31 S 1265/19). Dem Mieter sollte die Möglichkeit gegeben werden, dieses teure Risiko durch eine entsprechende Versicherung abzudecken.
  2. Sie haben den Mieter in diesem Zuge auch unverzüglich aufzuklären, dass Ihre Schließanlage ggf. nicht erweiterbar ist, z. B. durch Installation eines separaten Wohnungstürschlosses. Unterlassen Sie dies, müssen Sie bei Einbau einer neuen Schließanlage bereits die Differenz zur hypothetischen Erweiterungsmöglichkeit selbst tragen.
  3. Sofern Sie sich zur Sicherheit Ihrer Immobilien für einen Austausch der Schließanlage entscheiden, sollten Sie eine abstrakte Gefährdungsanalyse anfertigen (Gefahr des Missbrauchs, Wahrscheinlichkeit der Gefährdung und Fortdauer der abstrakten Gefahr). Liegt eine konkrete Gefahr vor, hat der Mieter grundsätzlich eine Erstattungspflicht.
  4. Der Vermieter muss im Schadensersatzprozess allerdings zweifelsfrei belegen, dass vor dem Verlust des Schlüssels die Schließanlage „sicher“ war, somit keine anderen Schlüssel im Vorfeld verloren oder abhan-dengekommen waren. Oftmals wird von den Gerichten, aber auch von den Haftpflichtversicherungen der Mieter daher ein technischer Schließplan bzw. eine lückenlose Dokumentation (Schlüsselbücher, Codekarten von Meldeanlagen und Schlüsselprofilen, System-Generalschlüssel) aller seit dem Einbau der alten Anlage vorhandenen (nachgemachte, verlorene oder neue) Schlüssel verlangt. Eine regelmäßige Bestandsaufnahme mittels eines sog. Schlüsselappells wäre zumindest zu empfehlen.
  5. Den Schaden der Neubeschaffung und des Einbaus können Sie gegenüber dem Mieter nur geltend machen, sofern Sie die Kosten hierfür bereits verauslagt haben, mithin die neue Schließanlage bereits erworben und eingebaut haben (BGH, Urt. v. 05.03.2014 – Az. VIII ZR 205/13). Der Einbehalt einer Mietkaution oder von anderen Guthaben bzw. die Vorschussanforderung vom Mieter für die Vorfinanzierung der neuen Anlage ist unzulässig.
  6. Der Mieter hat ggfs. entsprechendes Handeln von Dritten aus seiner Sphäre zu verantworten (Familienmitglieder, Freunde, Geschäftspartner etc.).
  7. Leistet der Mieter anteilige Betriebskostenvorauszahlungen auf eine Gebäudeversicherung des Vermieters, kann sich der Vermieter nicht mehr beim Mieter schadlos halten.
  8. Letztlich ist in diesen Schadensfällen auch regelmäßig ein sog. Abzug Neu-für-Alt vorzunehmen. Dies bedeutet, dass bereits abgeschriebene aber noch funktionstüchtige Schließanlagen bei Ersatz durch eine neue Schließanlage auf den Schaden anzurechnen sind. Nach herrschender Rechtsprechung muss sich der Geschädigte die wirtschaftliche Besserstellung durch die neue Schließanlage als Vermögenszuwachs anrechnen lassen.

 

Teilweise kann der Vermieter durch entsprechende wirksame Klauseln im Mietvertrag sein Risiko minimieren. Ratsam ist es in jedem Falle, zumindest beim Einbau neuer Schließanlagen, Ihre Mieter separat auf diesen Umstand informativ mit einem Zugangsnachweis schriftlich hinzuweisen und zu betonen, dass im Falle des Verlustes geschätzte Kosten in einer bestimmten Höhe entstehen können.

 

 

Sebastian Tempel

Rechtsanwalt