Die Mietanpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete
Das BGB geht grundsätzlich davon aus, dass auch während des laufenden Mietverhältnisses die Miete zwischen den Parteien vereinbart wird (§ 557 BGB). Während die Verbraucher bei allen Leistungen und Waren einen latenten Preisanstieg akzeptieren, wird dies allerdings bei der Wohnungsmiete nicht ohne Weiteres hingenommen. Deswegen dürfte es für Großvermieter schwierig sein, höhere Mieten im Einvernehmen mit den Mietern zu vereinbaren.
Deshalb wählen die Vermieter die vom BGB eingeräumten Möglichkeiten der Mieterhöhung
- durch einseitige Erklärung nach Modernisierung (§§ 559 ff. BGB) oder
- durch Zustimmungsverlangen zur Angleichung an die ortsübliche Vergleichsmiete (§§ 558 ff. BGB).
Die gesetzliche Regelung des § 558 BGB entspricht der des vorher geltenden § 2 MHG.
Die Mieterhöhung in Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete hat der Vermieter zu erklären und zu begründen. Nach § 558 a (2) BGB kann er sich zur Begründung beziehen auf einen Mietspiegel, eine Mietdatenbank, auf ein Sachverständigengutachten bzw. auf die Benennung von mindestens drei Vergleichswohnungen. Auch andere Begründungsmittel lässt das Gesetz zu, hier wäre denkbar eine eigene Datenbank eines Großvermieters.
In der Praxis vorrangig angewandt werden zur Begründung:
1. Sachverständigengutachten
Aus Kostengründen ist die vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens nur dann sinnvoll, wenn damit die ortsübliche Miete für eine größere Anzahl von Wohnungen festgestellt würde. Der Gutachter könnte etwa beauftragt werden, für vergleichbare Wohnungen eines Wohngebietes die ortsübliche Miete für eine gut ausgestattete und eine weniger gut ausgestattete Wohnung festzustellen. Die Mieterhöhungsverlangen würde sich dann in der ermittelten von-bis-Spanne bewegen. Nach unseren Erfahrungen würden sich die Kosten für eine derartiges Gutachten zwischen 2.500,00 € und 3.500,00 € bewegen und man hätte im Falle einer Zustimmungsklage auch immer damit zu rechnen, dass das Gutachten als „Parteiengutachten“ von der Mieterpartei zurückgewiesen und vom Gericht nicht als Entscheidungsgrundlage herangezogen wird.
Dem Mieterhöhungsverlangen ist das Gutachten im Original beizufügen.
2. Mietspiegel
Die Erstellung von Mietspiegeln wird für Kommunen mit über 20.000 Einwohnern empfohlen. Bei geringerer Einwohnerzahl dürfe es schwierig sein, für die einzelnen Wohnungskategorien ausreichend viele und damit repräsentative Vergleichsdaten zu ermitteln. Für die Erstellung von Mietspiegeln gibt es die veröffentlichten Hinweise des Bundesbauministeriums vom 01.07.2002. Üblich ist der sogenannte tabellarische Mietspiegel. Hiermit werden innerhalb der Vergleichbarkeitskriterien des § 558 Abs. 2 BGB, also Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage der Wohnung, Punkte vergeben. Nach der Anzahl der erreichten Punkte erfolgt die Einordnung der Wohnung in die Vergleichsmietentabelle. Das Vorhandensein eines Mietspiegels erleichtert dem Vermieter die Erstellung des Mieterhöhungsverlangens, da er lediglich die Punktezuordnung nach der Tabelle für die jeweilige Wohnung vornehmen muss. Derartige Mieterhöhungsverlangen dürften auch weniger streitträchtig sein, da auch der Mieter die Einordnung seiner Wohnung nach der Mietspiegelstabelle leicht nachvollziehen kann und nach jetziger Rechtssprechung nicht mehr der Mittelwert maßgeblich ist, sondern bis an den Oberwert der von-bis-Spanne gegangen werden kann.
Handelt es sich um einen qualifizierten Mietspiegel so gilt die gesetzliche Vermutung, dass die darin bezeichneten Mieten die ortsüblichen sind.
Problematisch ist, dass die Mietspiegelerstellung sehr arbeits- und kostenaufwendig ist, vor allem wegen der notwendigen Datenerfassung, die individuell über Mieterbefragungen erfolgt. Zum anderen hat es auch schon wiederholt Fälle gegeben, in denen Vermieter Mieterhöhungsverlangen auf Mietspiegelbasis erstellt haben und die Zustimmung gerichtlich nicht durchsetzen konnten, weil das Gericht den Mietspiegel für unwirksam erklärt hat.
Vermieter in Kommunen, für die kein Mietspiegel existiert, könnten auch über die Anwendung eines Mietspiegels einer vergleichbaren Gemeinde nachdenken, § 558 Abs. 2 BGB würde dies zulassen.
Nach dem neuen qualifizierten Mietspiegel für Chemnitz haben sich die Mieten fast in allen Baujahresklassen, Wohnungsgrößen und Wohnqualitätskategorien gegenüber dem Mietspiegel 2007 erhöht. Eine Verringerung der Mittelwerte gab es lediglich bei Wohnungen mit sehr guter Wohnqualität in den Baujahresklassen bis 1924 bei Wohnungsgrößen über 50 m², der Baujahresklasse 1925 bis 1948 sowie seit 1991 jeweils in allen Größengruppen.
3. Vergleichswohnungen
Der Vermieter kann für die Ortsüblichkeit der zukünftig von ihm verlangten Miete auch drei Vergleichwohnungen benennen.
Da diese auch seinem eigenen Bestand entstammen können, hat die Methode den Vorteil, dass er die Bewertungskriterien der benannten Wohnungen genau einschätzen kann. Das Gesetz verlangt ja auch nicht hinsichtlich der Vergleichskriterien völlige Identität sondern lediglich Vergleichbarkeit. Geringfügige Abweichungen, etwa in der Ausstattung, fallen deshalb rechtlich nicht ins Gewicht, ggf. kann das Argument der Nichtvergleichbarkeit im Verfahren durch Inaugenscheinnahme durch das Gericht ausgeräumt werden. Wichtig ist, dass das Mieterhöhungsverlangen formell und inhaltlich richtig ergeht, wir verweisen dazu auf das von der Kanzlei entworfene Musterschreiben.
Problematisch ist, wenn der Mieter trotz des Nachweises, dass für drei Wohnungen höhere Mieten gezahlt werden, die Ortsüblichkeit der verlangten Miete und damit der Begründetheit der Klage bestreitet. Die Beweislast liegt zwar in diesem Fall beim Mieter, eine Entscheidung kann das Gericht aber in der Regel erst nach Vorlage eines Sachverständigengutachtens treffen. Die Kosten des Gutachtens hat derjenige zu tragen, zu dessen Ungunsten das Gutachten und damit letztlich auch der Zustimmungsprozess ausgeht.
Manfred Alter
Rechtsanwalt
im Kanzleiforum 03/2010
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz