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Die Unterlassungsklage bei vertragswidrigem Gebrauch

Ausgangslage
Der Mieter darf die Mietsache nur in dem Umfang nutzen, wie ihn die mietvertraglichen und gesetzlichen Regelungen, die Verkehrssitte sowie die von der Rechtsprechung entwickelten Grenzen vorgeben. Für die Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs durch den Mieter sieht das BGB mehrere Handlungsmöglichkeiten des Vermieters vor, wie die Abmahnung, Schadensersatzansprüche des Vermieters oder – soweit die weiteren Voraussetzungen vorliegen – die Kündigung des Mietvertrags. Nicht selten übersieht der Vermieter jedoch, dass er bei einer Vertragsüberschreitung nach § 541 BGB auch einen gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsanspruch gegen den Mieter hat. Hat der Mieter einen Anspruch gegen den Vermieter auf Erlaubniserteilung des vermeintlich vertragswidrigen Verhaltens, ist die Ausübung des Unterlassungsanspruchs jedoch rechtsmissbräuchlich.

Rechtslage und Voraussetzungen
§ 541 BGB gibt dem Vermieter das Recht, gegen den Mieter auf Unterlassung zu klagen, wenn dieser einen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung fortsetzt. Dabei zielt § 541 BGB auf die Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands ab (so BeckOK BGB, Hau/Poseck, 59. Edition, § 541, Rn. 1) und ist daher insbesondere für die Fälle relevant, in denen eine Kündigung des Mietvertrags mangels Erfüllung der dafür notwendigen Voraussetzungen nicht möglich ist (bspw. bei fehlender Erheblichkeit des Verstoßes) oder vom Vermieter nicht gewünscht wird (bspw., wenn der Mieter seine sonstigen Vertragspflichten, wie die Mietzahlung, erfüllt).
§ 541 BGB gilt grundsätzlich für alle Mietverträge und ist auch auf Pachtverträge anwendbar. Die Norm geht dem allgemeinen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB vor, um eine Umgehung der Abmahnungspflicht zu verhindern.

Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs ist zum einen ein vertragswidriger Gebrauch der Mietsache bspw. durch die gewerbliche Nutzung einer zu Wohnzwecken vermieteten Wohnung, durch Eingriffe in die Bausubstanz ohne Zustimmung des Vermieters, durch unberechtigte Untervermietung, wenn es dadurch zu einer Überbelegung kommt, durch Verletzung der Sorgfaltspflichten, die den Mieter bzgl. der Mietsache treffen, durch Geruchs- und Lärmbelästigungen sowie durch die Haltung große Tiere in der Wohnung, wenn die Voraussetzungen für die Genehmigung der Tierhaltung nicht erfüllt sind.

Der Unterlassungsanspruch setzt ferner eine vorherige Abmahnung des Mieters durch den Vermieter voraus, um ihm die Gelegenheit zum künftig vertragstreuen Verhalten zu geben (vgl. BeckOK BGB, Hau/Poseck, 59. Edition, § 541, Rn. 1.). Dies gilt auch, wenn der vertragswidrige Gebrauch nicht vom Mieter, sondern von einem Dritten ausgeht, dem der Mieter den Gebrauch der Mietsache gestattet hat (so BeckOK BGB, Hau/Poseck, 59. Edition, § 541, Rn. 8; LG Berlin GE 1995, 569; MüKo BGB, Bieber, § 541, Rn 12). In der Abmahnung muss das vertragswidrige Verhalten konkret benannt und die Aufforderung zur Unterlassung und Beseitigung des vertragswidrigen Zustands enthalten sein. Im Einzelfall kann eine Abmahnung entbehrlich sein, wenn sicher feststeht, dass der Mieter den vertragswidrigen Gebrauch nicht beenden wird. Im Falle eines Vermieterwechsels wird die Abmahnung gegenstandslos und muss vom Nachfolger erneut ausgesprochen werden (so BeckOK BGB, Hau/Poseck, 59.Edition, § 541, Rn. 14).

Der Unterlassungsanspruch setzt des Weiteren voraus, dass der Mieter nach Zugang der Abmahnung den vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache fortsetzt, wobei ein Verschulden des Mieters dabei nicht vorliegen muss (so BeckOK BGB, Hau/Poseck, 59. Edition, § 541, Rn. 13; MüKo BGB, Bieber, § 541, Rn 13).

Unterlässt der Mieter den vertragswidrigen Gebrauch auch nach einer angemessenen, ihm nach Treu- und Glauben zuzubilligenden Bedenk- und Handlungszeit nicht (vgl. (BeckOK BGB, Hau/Poseck, 59. Edition, § 541, Rn. 13; Wetekamp NZM 2000, 1142), kann ihn der Vermieter auf Unterlassung verklagen.

Der Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist. § 548 BGB findet keine Anwendung (LG Halle ZMR 2014, 644; BeckOK BGB, Hau/Poseck, 59. Edition, § 541, Rn. 15).

Prozessuales
Steht fest, dass der Mieter das abgemahnte Verhalten fortsetzt, muss der Vermieter alsbald Klage auf Unterlassung und Beseitigung des vertragswidrigen Zustands erheben, um eine Verwirkung seines Anspruchs zu vermeiden (so BeckOK BGB, Hau/Poseck, 59. Edition, § 541, Rn. 14; BGH NJW 1974, 1463). Dabei kann die Unterlassungsklage nur auf die Vertragsverstöße gestützt werden, die in der vorausgegangenen Abmahnung konkret bezeichnet sind (so LG Frankfurt/Oder GE 1997, 306; BGH NJW 2008, 1303). Verhält sich bei einer Mietergemeinschaft nur ein Mieter vertragswidrig, hat der Vermieter auch nur gegen ihn einen Unterlassungsanspruch (so BeckOK BGB, Hau/Poseck, 59. Edition, § 541, Rn. 3; MüKo BGB, Bieber, § 541, Rn 5). Um mehr Druck auf den Mieter auszuüben, sich künftig vertragstreu zu verhalten, sollte der Vermieter im Rahmen der Unterlassungsklage beantragen, dass der Mieter im Falle einer jeden Zuwiderhandlung ein angemessenes Ordnungsgeld i.S.v. § 890 Abs. 2 ZPO zu zahlen hat. Die Darlegungs- und Beweislast für die oben genannten Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs liegt beim Vermieter. Der Klage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der vertragswidrige Gebrauch vor Klageerhebung beendet wird (so BeckOK BGB, Hau/Poseck, 59. Edition, § 541, Rn. 19 f.).

 

Eva-Maria Meichsner
Rechtsanwältin