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Die Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses

Die Deutschen melden sich immer häufiger krank. Der Krankenstand ist im Vergleich der Nachbarländer zwar nur Mittelfeld, viele Arbeitnehmer unterschätzen jedoch die wirtschaftlichen Auswirkungen, die Ausfallzeiten auf das Unternehmen haben können. Seit Anstieg der Krankenzahlen ist die krankheitsbedingte Kündigung durch die Arbeitgeber der häufigste Fall der personenbedingten Kündigung und grundsätzlich vom Gesetzgeber erlaubt. Es gibt dennoch Grenzen: Soweit das Arbeitsverhältnis bereits sechs Monate bestand und regelmäßig mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer im Betrieb beschäftigt sind, greift der gesetzliche Kündigungsschutz.

Eine Kündigung ist nur dann möglich, wenn sie sozial gerechtfertigt werden kann, wofür nachfolgende Voraussetzungen gegeben sein müssen.

 

  1. Langzeiterkrankungen

Bei Langzeiterkrankungen wird zwischen der Kündigung wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit und der Kündigung wegen langanhaltender Erkrankung unterschieden. Ab acht Monaten ist laut Bundesarbeitsgericht eine Krankheit langanhaltend. Ist zu diesem Zeitpunkt nicht abzusehen, dass sich der Zustand innerhalb von 24 Monaten bessert, gilt die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit als dauernd. In diesem Fall geht das BAG davon aus, dass die betrieblichen Interessen so stark beeinträchtigt sind, dass die Kündigung durch die Dauer der Arbeitsunfähigkeit begründet werden kann.

 

  1. Kurzzeiterkrankungen

Kurzeiterkrankungen hingegen können per se kein zulässiger Kündigungsgrund zunächst sein. Wenn solche kurzzeitigen Erkrankungen jedoch immer wieder vorkommen (besonders, wenn es sich häufig um Brückentage oder den Wochenanfang handelt), hat der Arbeitgeber jedoch gute Chancen auf eine wirksame Entlassung.

Damit eine solche Kündigung wirksam ist, ist sich an vier Fragen zu orientieren, die im Falle einer Kündigungsschutzklage auch das Gericht prüfen wird:

 

a) Wird der Arbeitnehmer wieder gesund?

Dabei handelt es sich um die sogenannte Negativprognose. Die Rechtsprechung fordert, dass eine ernsthafte Besorgnis über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers besteht und nicht absehbar ist, wann der Mitarbeiter wieder vollständig arbeitsfähig sein wird. Bei häufigen Kurzerkrankungen muss sich die Prognose darauf beziehen, ob zu erwarten ist, dass es auch künftig zu stetigen Arbeitsausfällen kommen wird.

Der Arbeitgeber hat diese Prognose zu begründen. Chronische Erkrankungen sind ein klassischer Fall für eine solche Begründung sowie Persönlichkeitsstörungen. Bei einmaligen Ereignissen – wie Unfällen – ist eine negative Gesundheitsprognose kaum zu treffen.

Wenn hingegen ersichtlich ist, dass die im Arbeitsvertrag festgelegte Leistung nie wieder erbracht werden kann, kann der Arbeitgeber ohne weitere soziale Rechtfertigung kündigen (Langzeit– oder Dauererkrankung). Zuvor muss der Arbeitgeber allerdings prüfen, ob nicht ein anderer, leidensgerechter Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer zur Verfügung steht und für das gegebenenfalls ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement durchzuführen.

 

b) Inwiefern schadet der Ausfall dem Betrieb?

Die zweite Voraussetzung ist die erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Belange des Arbeitgebers durch den Ausfall des kranken Arbeitnehmers.

Das ist vor allem dann der Fall, wenn eine Krankheitsvertretung eingestellt und extra eingearbeitet werden muss. Ganz besonders auch, wenn es dabei zu Produktionsausfällen oder Produktionsverschlechterungen kommt.

 

  1. Kann eine neue Erkrankung verhindert werden?

Dauerte die krankheitsbedingte Abwesenheit innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen, ist ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement (BEM) gesetzlich vorgesehen, dass dem Arbeitnehmer die Rückkehr an seinen oder einen anderen leidensgerechten Arbeitsplatz erleichtern soll. Die Teilnahme für den Arbeitnehmer ist jedoch freiwillig.

Das Fehlen des betrieblichen Wiedereingliederungsverfahrens führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Den Arbeitgeber treffen aber dann die Darlegungs- und Beweislasten im Rahmen der Interessenabwägung.

 

  1. Gibt es nicht eine andere Möglichkeit?

Die Interessenabwägung ist – wie bei anderen Kündigungen auch – bei krankheitsbedingten Kündigungen zwingend vorgeschrieben. Im Zuge der Abwägung sind vom Arbeitgeber die persönlichen Umstände des Arbeitnehmers, wie zum Beispiel der Familienstand sowie Unterhaltsverpflichtungen und auch betriebsbezogene Faktoren, wie zum Beispiel die Dauer der Betriebszugehörigkeit, zu berücksichtigen.

 

Fazit

Der Arbeitgeber muss bei Kündigungsschutzklagen zunächst seine Gründe vor Gericht darlegen, was die Umstände der krankheitsbedingten Kündigung sind. Hierauf hat der Arbeitnehmer zu reagieren und eine Gegendarstellung einzureichen. In der Praxis wird ein großer Teil dieser Klageverfahren im Rahmen der Güteverhandlung dann im Vergleichswege geregelt und erledigt.

 

René Illgen
Rechtsanwalt