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Neuerungen in der Gefahrstoffverordnung

Die novellierte Gefahrstoffverordnung ist bekanntlich zum 05.12.2024 in Kraft getreten. Hierbei sind wesentliche Änderungen, explizit im Bestandsbau, zu verzeichnen. Schwerpunkte der Überarbeitung der Gefahrstoffverordnung sind die Implementierung des Risikokonzepts aus der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS 910), die Anpassung an die geänderte Krebsrichtlinie und die Einführung neuer Asbestregelungen. Das Konzept definiert drei Risikobereiche: geringes (grün), mittleres (gelb) und hohes (rot) Risiko. Dieses „Ampel-Prinzip“ soll Betriebe dabei unterstützen, bei der Arbeit mit krebserzeugenden Gefahrstoffen entsprechende Schutzmaßnahmen risikobezogen festzulegen. Was sind die damit verbunden Auswirkungen für Unternehmen:

  • Es werden nunmehr Tätigkeiten zur funktionalen Instandhaltung baulicher Anlagen im Bereich geringer und mittlerer Risiken erlaubt. Arbeiten wie bspw. das Einschneiden von Schlitzen in asbesthaltigen Putz für Elektroleitungen, die bislang nicht zulässig waren, können nun mit entsprechenden Schutzmaßnahmen realisiert werden.
  • Hochrisikotätigkeiten sind weiterhin mit strengen Anforderungen verbunden und können nur von zugelassenen Fachunternehmen durchgeführt werden. Handwerksbetriebe sollen solche Arbeiten nicht ausführen.
  • In allen Gebäuden, die vor dem 31.10.1993 errichtet wurden, ist per se mit Asbest in den Baustoffen bzw. der Bausubstanz zu rechnen und entsprechend zu verfahren.
  • Zusätzlich ist eine Informations- und Mitwirkungspflicht des Eigentümers/ Beauftragenden von Baumaßnahmen eingeführt worden. Dieser muss dem von ihm beauftragten Unternehmen zukünftig sämtliche ihm selbst vorliegenden Informationen, hauptsächlich zum Baujahr / Baubeginn des Gebäudes und zur Schadstoffbelastung zur Verfügung stellen.
  • Das bekannte Baujahr ist vom beauftragten Unternehmen dann in dessen Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Ist die Sachlage nicht eindeutig, muss das beauftragte Unternehmen vor den Baumaßnahmen letztlich eine Erkundung in den Gebäuden realisieren, um etwaiges vorhandenes Asbest aufzuspüren oder dessen Nichtvorhandensein zu bestätigen. Die hierfür teilweise erheblichen Kosten sind als besondere Leistung zu vergüten.
  • Für Arbeiten mit asbesthaltigen Materialien sind weiterhin gewisse Qualifikationen und Maßnahmen der Unternehmen erwünscht. Für sämtliche Tätigkeiten direkt mit Asbest muss weiterhin die Sachkunde für die aufsichtführende Person vorhanden sein (Anzahl von Lehreinheiten für verschiedene Risikoklassen), die während der Baumaßnahme dauerhaft ortsanwesend zu sein hat. Die Anforderung zur Sachkunde wird nunmehr neu auch für Tätigkeiten mit möglicherweise asbesthaltigen Materialien eingeführt (Neuregelung mit 3-jähriger Übergangsfrist).
  • Arbeiten mit Asbest dürfen nur von Personal realisiert werden, die über Grundkenntnisse für Asbest im Rahmen einer Fachkunde verfügen (Neuregelung mit 3-jähriger Übergangsfrist).
  • Weiterhin nicht erlaubt sind feste Überdeckungen, Überbauungen oder sog. Aufständerungen an Zementdächern mit Asbestanteil, was bspw. bei der Installation von Photovoltaik­­anlagen zu beachten wäre. Neu geregelt wurden Überdeckungs­verbote für Asbest-Zementwand- und Asbest-Deckenverkleidungen sowie Bodenbeläge mit Asbestanteilen. Ebenso dürfen zukünftig auch keine Reinigungs- und Beschichtungsarbeiten an nicht komplett beschichteten Asbest-Zementdächern und entsprechenden Außenwandverkleidungen aus Asbest-Zement mehr durchgeführt werden.
  • Weiterhin erforderlich bleibt die unternehmens- und objektbezogene Anzeige von Maßnahmen mit Asbest bei der zuständigen Arbeitsschutzbehörde einschließlich der Übersendung einer Kopie an den zuständigen Unfall­versicherer.

 

Eine weitere wichtige Änderung beinhaltet die Umsetzung von Regelungen der Europäischen Union in deutsches Recht für Chemikalien. Neu für Unternehmen sind bspw. Aufzeichnungs-, Mitteilungs- und Unterrichtungspflichten, wenn bei der Arbeit im Unternehmen Gefährdungen durch sog. reproduktionstoxische Stoffe auftreten. Auch in diesen Fällen muss künftig ein Expositionsverzeichnis vom Unternehmen geführt werden.

 

Sebastian Tempel
Rechtsanwalt