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Relevante Regelungen der TKG-Novelle – ein Überblick

Am 28.06.2021 wurde das Gesetz zur Modernisierung des Telekommunikationsrechts (TKMoG) durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger mit Wirkung zum 01.12.2021 in Kraft gesetzt. Hiermit wurden einige für die Wohnungswirtschaft bedeutsame Änderungen im TKG sowie der BetrKV vorgenommen. Weiterhin ist die Voraussetzung geschaffen worden, dass die Parteien, die an Versorgungsverträgen und -leistungen beteiligt sind, vertragliche Rechte zusätzlich ausüben und optionale Handlungen vornehmen können. Im Kern betrifft diese Umsetzung europäischen Rechts die Breitbandnetze, die Versorgung mit TV-Signalen und -diensten sowie die Modernisierung der medialen Versorgungskapazitäten in der Immobilie.

Im Einzelnen sind die für Eigentümer/Vermieter und Wohnungseigentümer wesentlichen Aspekte wie folgt zu skizzieren:

 

1. Abschaffung der Betriebskostenumlage

Grundsätzlich fällt die Umlagefähigkeit der zum Betrieb von Gemeinschaftsantennenanlagen und für die Breitbandbereitstellung erforderlichen Kosten (§ 2 Nr. 15 a) und 15 b) BetrKV) ersatzlos zum 01.07.2024 weg. Ab dem 01.07.2024 sind dann nur noch die Überprüfungskosten für die Betriebsbereitschaft einer Gemeinschaftsantennenanlage (Wartung durch Fachkräfte) sowie die Kosten der Stromversorgung für diese Anlagen (Breitbandanschlüsse und Gemeinschaftsantennenanlagen) umlegbar. Die Frist 01.07.2024 gilt hierbei nur für Anlagen und Netze auf Kupferbasis, die bis zum 01.12.2021 errichtet (i. S. e. baulichen Fertigstellung) wurden. Dies bedeutet, dass eine Neuerrichtung ab dem 01.12.2021 das Privileg der zweieinhalbjährigen Übergangsfrist entfallen lässt.

 

2. Neue Glasfasernetze

Eine besondere Möglichkeit im Bereich des Glasfasernetzausbaus hat der Gesetzgeber dahingehend geschaffen, dass der Eigentümer bei Neuerrichtung solcher Anlagen Kosten auf seine Mieterschaft umlegen kann. Hierbei sind zwei Alternativen vorgesehen:

 

2.1. Errichtung durch Dritten

Wurde das Glasfasernetz zwischen dem 01.01.2015 und dem 31.12.2027 erstmals durch einen Dritten (z. B. Netzbetreiber) errichtet, können die Eigentümer mit dem Dritten ein Glasfaserbereitstellungsentgelt zur Kostendeckung für die Errichtung vertraglich vereinbaren, § 72 TKG. Dieses Entgelt darf der Eigentümer neben der Position Betriebsstrom dann auf seine Mieter umlegen, § 2 Nr. 15 c) BetrKV. Allerdings ist das Glasfaserbereitstellungsentgelt nur für fünf bis neun Jahre umlegbar mit einer maximalen Deckelung von jährlich 60 €/ Haushalt. Im Ergebnis sind daher 300 € (bzw. maximal 540 € mit detaillierter Begründungspflicht) Gesamtumlage möglich, im Anschluss dann nur noch die Kosten des Betriebsstroms. Voraussetzungen hierfür sind die komplette Ausrüstung der Immobilie mit Glasfasernetzkomponenten, der unentgeltliche Zugang aller Netzbetreiber zum neuen Netz sowie der Umstand, dass der Mieter seinen Vertragspartner zur eigenen medialen Versorgung selbst und frei wählen kann. Letztlich muss der Eigentümer das neue Glasfasernetz aber auch über die fünfjährig begrenzte Umlage des Bereitstellungsentgelts hinaus betriebsbereit halten (sog. Betriebsführungspflicht).

 

2.2. Errichtung durch Eigentümer

Sofern der Gebäudeeigentümer das Glasfasernetz selbst errichtet, können die hierfür erforderlichen Kosten als Modernisierungsmaßnahme gegenüber dem Mieter im Rahmen der Mieterhöhung geltend gemacht werden, § 555 b Nr. 4 a) BGB. Voraussetzungen hierfür sind die erstmalige Ausrüstung der Wohnung mit Glasfasernetzkomponenten zur Anbindung an ein öffentliches Netz mit sehr hoher Kapazität sowie wiederum der Umstand, dass der Mieter seinen Vertragspartner zur eigenen medialen Versorgung selbst und frei wählen kann, § 559 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die beiden o. g. Umlagealternativen schließen sich hierbei gegenseitig aus, d. h. der Eigentümer kann entweder das Bereitstellungsentgelt nach § 72 TKG oder die Modernisierungsmieterhöhung verlangen.

Zudem muss der Eigentümer Dritten (Netzanbietern) auf deren Verlangen hin Zugang zu seinem Breitbandnetz gewähren, ohne hierfür Netzentgelte verlangen zu können. Wer die künftig für die Betriebsführung entstehenden Instandhaltungskosten tragen soll, ist derzeit noch nicht gesetzlich geregelt.

 

3. Sonderkündigungsrechte

Gemäß § 230 Abs. 5 Satz 1 TKG können im bestehenden Versorgungsvertragsverhältnis beide Parteien (Eigentümer und Netzbetreiber) die Verträge ab dem 01.07.2024 fristlos kündigen, sofern die Gestattungsverträge vor dem 01.12.2021 geschlossen wurden und keine anderweitigen Regelungen beinhalten. So sind z. B. Vertragsanpassungsklauseln als vorrangig einzustufen. Gegebenenfalls können bestehende Verträge dahingehend modifiziert werden, dass die Versorgung mit TV-Signalen mangel- bzw. störfrei über den 01.07.2024 hinaus bestehen bleibt, der Vermieter gleichzeitig aber keine Kabelgebühr mehr an den Anbieter abführen muss, da dieser Einzelversorgungsverträge mit den Mietern abschließen darf (s. u. Nr. 4. b). Schadensersatz der anderen Partei für die fristlose Sonderkündigung ist nicht geschuldet.

 

4. Möglichkeiten des Eigentümers und Vermieters im Vertragsverhältnis

Denknotwendig können Mieter aufgrund der Novelle die Zahlung der Umlage für TV-Entgelte ab dem 01.07.2024 verweigern, sog. Opt-out-Regelung. Daher ist bereits jetzt eine einvernehmliche Lösung unter Beachtung beider Interessen anzustreben, z. B. durch Mietvertragsverhandlungen.

 

4.1. Mehrnutzerverträge (sog. Sammelinkasso)

Bestehende Mehrnutzerverträge können selbstverständlich auch über den 01.07.2024 hinweg bestehen bleiben, sofern sich beide Parteien darüber einig sind, dass die Versorgung mit Breitbandkabelanschlüssen ohne Sonderkündigungsrechte fortgesetzt werden soll.

In diesem Falle hat der Vermieter zunächst die Möglichkeit, die Kosten der Versorgung mit TV etc. ab dem 01.07.2024 selbst zu übernehmen, ohne dies auf seinen Mieter umzulegen (Vermietungsargument). Hierbei kann das Entgelt eventuell auch in eine neue Miete eingepreist werden, gleichwohl hat der Mieter dann stets die jederzeitige Opt-out-Berechtigung. Sofern der Mieter dieses Sonderausstiegsrecht nicht ausübt, ist derzeit aber noch nicht geklärt, ob der Vermieter nach dem 01.07.2024 mangels Umlagefähigkeit überhaupt noch eine (mietvertraglich vereinbarte) Versorgung mit TV-Signalen oder eine Anschlussmöglichkeit schuldet. Mit Blick auf das kürzlich veröffentliche Urteil des BGH vom 18.11.2021 (Az. I ZR 106/20) ist zumindest die grundsätzliche Bindung des Mieters an einen vom Vermieter bereitgestellten Kabelanschluss bei Umlage per Betriebskosten noch bis 01.07.2024 unproblematisch möglich. Weiteres wird die Rechtsprechung zu klären haben.

Weiterhin kann mit dem Mieter auch eine separate Mietvertragsergänzung geschlossen werden, sofern beide Mietvertragsparteien die Versorgung mit Breitbandkabelanschlüssen durch den Vermieter wollen und dies auch einen Vorteil für den Mieter darstellt. Die dann eigene Abrechnung des Vermieters – der mit dem Anbieter weiterhin einen Versorgungsvertrag unterhält – gegenüber seinem Mieter ist ohne einen Bezug zu den Betriebskosten weiterhin möglich. Da hierdurch aber auch das Opt-out-Recht des Mieters vertraglich ausgeschlossen wird und damit eine Umgehung der Verbraucherprivilegien vorliegen könnte, sollte einzelfallbezogen jeweils eine individuell ausverhandelte und auf 24 Monate begrenzte Vereinbarung geschlossen werden.

 

4.2. Versorgungsverträge (sog. Einzelinkasso)

Eine zunehmend genutzte Möglichkeit des Vermieters ist der Umstieg von den Mehrnutzerverträgen mit den Netzanbietern hin zu einem Direktangebot des Anbieters an die einzelnen Mieter im Rahmen von Einzelversorgungsverträgen. Hierbei sollte vertrauensvoll und in enger Zusammenarbeit von Anbieter, Vermieter und Mieter die Versorgung mit TV-Signalen direkt für jede Wohnung dahingehend abgestimmt werden, dass die Mieter zwar das vorhandene Breitbandnetz in der Immobilie nutzen, aber jeweilige einzelne Leistungen der Versorgung frei beim Anbieter wählen können. Der Austausch der Leistungen findet dann zwischen Anbieter und Mieter über das Netz in der Immobilie des Vermieters statt. Dieser Aspekt ist mithin äußerst wichtig und heikel, sowohl in kommunikativer, datenschutzrechtlicher als auch in technischer Hinsicht.

 

5. Breitbandförderung des Bundes

An dieser Stelle erlauben wir uns den Hinweis, dass die flächendeckende Versorgung mit leistungsstarken Gigabitnetzen in Deutschland durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aktuell mit dem „Graue-Flecken-Förderprogramm“ unterstützt wird. Seit dem 26.04.2021 können Kommunen, Städte, Landkreise, kommunale Zweckverbände und Unternehmen in ausschließlich öffentlicher Trägerschaft entsprechende Anträge stellen, um Glasfaseranbindungen zu realisieren. Nach unserem Kenntnisstand werden 50% – 70% des Ausbaus und bis zu 100% der Planungsleistungen finanziert. Dies betrifft wohl Anschlüsse, die bislang weniger als 100 Mbit/s aufgreifen.

 

6. Zusammenfassung und Handlungsempfehlung

Die kommenden Monate sollten Eigentümer nutzen, um ihre bestehenden Gestattungs- und Versorgungsverträge auf rechtliche Risiken hin zu überprüfen, explizit da auch die Netzanbieter seit Sommer 2021 aktiv in die Vertragsverlängerungs- und Vertragsabschluss-Akquise eingestiegen sind. Vor allem sollten die Aspekte zu Exklusivität, Laufzeiten und Kündigungsmöglichkeiten als auch Netzpachten, Wertschöpfungsbeteiligungen und Eigentumsregelungen (Netzebenen 3 und 4) geklärt werden. Problematiken sind prognostisch vor Allem auch in den Mitbenutzungsrechten (Haus- und Wohnungsstich) und Duldungspflichten der Eigentümer gegenüber Netzanbietern zu sehen, mit denen der Eigentümer bislang keine geschäftliche Bindung unterhielt.

In Anbetracht der Entwicklung am Telekommunikationsmarkt und den technischen Möglichkeiten werden Eigentümer/ Vermieter um Investitionen in Glasfasernetze wohl nicht herumkommen (Bildung einer FTTH-Strategie!). Es sollte daher bei Errichtung und Bereitstellung dieser leistungsstarken Infrastrukturen tunlichst darauf geachtet werden, dass bis zum 01.07.2024 sämtliche Bestands- und Neumieter vertraglich sicher in Umlage- und Abrechnungsprozesse eingebunden werden. Die Änderungen in der Betriebskostenverordnung und im Telekommunikationsgesetz können einvernehmliche Lösungsansätze und -wege für die Breitbandversorgung in der Immobilie durchaus ermöglichen, sofern grundlegende Fragen bei den Eigentümern geklärt und die Organisation des Kostenmanagements mit Netzanbietern und Mietern gemeinsam realisiert wird.

 

Sebastian Tempel

Rechtsanwalt