Versorgungsleitungen – Grunddienstbarkeiten notwendig?
Die Versorgung eines Grundstückes mit den verschiedenen Medien wie Wasser und Abwasser, Strom, Gas oder Fernwärme und Telekommunikation ist nicht immer durch einen direkten Zugang zur öffentlichen Leitung möglich, sondern häufig müssen die Leitungen zuvor über fremde Grundstücke geführt werden. Als Grundstückseigentümer kann man daher sowohl in die Rolle desjenigen geraten, der Leitungen über sein Grundstück dulden muss sein, aber auch selbst darauf angewiesen sein, dass die eigenen Leitungen über fremde Grundstücke geführt werden müssen. Vor dem gleichen Problem kann man als Eigentümer einer Wohnung stehen.
Es stellt sich dann häufig die Frage, ob zur dauerhaften Sicherung der Rechtsposition entsprechende Grunddienstbarkeiten im Grundbuch eingetragen werden müssen, die sich negativ auf den Grundstückswert auswirken.
1. Wann muss der Grundstückseigentümer Versorgungsleitungen über sein Grundstück dulden?
Für das Verhältnis des Grundstückseigentümers bzw. dinglichen Nutzungsberechtigten zum jeweiligen Versorger enthalten die einschlägigen Spezialgesetze und Satzungen der Versorger Regelungen. Entsprechende Duldungspflichten ergeben sich z. B. aus § 93 WHG, § 8 AVBWasserV, § 12 NAV, § 12 NDAV, § 8 AVBFernwärmeV und § 76 TKG. In diesem Fall ist es weder notwendig noch hat der entsprechende Versorger einen Anspruch auf Eintragung einer entsprechenden Dienstbarkeit gegen den betroffenen Grundstückseigentümer.
Für den Fall, dass der Kunde nicht gleichzeitig Eigentümer des zu entsorgenden Grundstückes ist, sehen die Satzungen der Abwasserentsorger teilweise vor, dass diese auf Verlangen des Entsorgers eine schriftliche Zustimmung und eine persönliche Dienstbarkeit des betroffenen Grundstückseigentümers beizubringen haben.
Handelt es sich um Versorgungsleitungen, die nicht dem Anschluss des eigenen Grundstückes dienen, stellt sich für den Grundstückseigentümer die Frage, ob er diese Leitungen zu dulden hat, oder ob der Nachbar, der die Inanspruchnahme des Grundstückes begehrt, dafür eine entsprechende Dienstbarkeit benötigt.
Dazu sehen die landerechtlichen Nachbarrechtsgesetze teilweise ebenfalls gesetzliche Duldungspflichten vor. Das Nachbarrechtsgesetz von Sachsen-Anhalt enthält dazu keine Regelungen. In Thüringen ist eine Duldungspflicht nur für Wasser-, Abwasser- und Fernheizungsleitungen normiert, vgl. §§ 26 ff ThürNRG. Am umfassendsten sind die Regelungen in Sachsen. Nach den §§ 19 ff SächsNRG darf der Nachbar Wasserversorgungs- oder Abwasserleitungen, Gas- und Elektrizitätsleitungen, Fernmeldelinien und Einrichtungen zur Versorgung mit Fernwärme zu seinem Grundstück durch das Grundstück des Eigentümers führen, wenn der Anschluss an das jeweilige Netz anders nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten durchgeführt werden kann und die damit verbundene Beeinträchtigung des Eigentümers zumutbar ist. Bei Fernwärmeleitungen muss für den Nachbarn zudem ein Anschlusszwang bestehen.
Sofern sich die Duldungspflicht nicht aus den landesgesetzlichen Regelungen ergibt, besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zur Duldung solcher Leitungen des Nachbarn über das eigene Grundstück.
2. Kann ein Grundstückseigentümer die Duldung eigener Leitungen über ein fremdes Grundstück verlangen und wie kann dieses Recht gesichert werden?
Soweit sich aus dem landesrechtlichen Nachbarrechtsgesetz eine Duldungspflicht für den betroffenen Nachbarn ergibt, kann der Grundstückseigentümer die notwendigen Leitungen über das Nachbargrundstück führen.
Ohne eine solche rechtliche Regelung ist der Grundstückseigentümer auf die Zustimmung durch den Nachbarn angewiesen. Dazu können beide eine entsprechende schuldrechtliche Vereinbarung abschließen, in der dann auch weitere Einzelheiten geregelt sind. Eine solche Vereinbarung wirkt jedoch grundsätzlich nur zwischen den Parteien, die die Vereinbarung abschließen. Im Falle der Veräußerung eines der oder beider Grundstücke bestehen für den Erwerber regelmäßig keine Ansprüche aus dieser Vereinbarung. Daher wird der betroffene Grundstückseigentümer eine dingliche Sicherung seines Rechts anstreben. Eine solche kann durch die Eintragung einer entsprechenden Grunddienstbarkeit erreicht werden. Es besteht jedoch kein Anspruch auf Bewilligung durch den Grundstückseigentümer. Sollte zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Nachbarn keine Vereinbarung zustande kommen oder der Grundstückseigentümer keine Grunddienstbarkeit bewilligen, muss der Nachbar einen anderen Weg finden, sein Grundstück an die öffentliche Versorgung anzuschließen.
Handelt es sich bei dem betroffenen Grundstück um eine WEG-Anlage, ist zu beachten, dass entsprechende Vereinbarungen oder Eintragungsbewilligungen nur von den Wohnungseigentümern getroffen bzw. abgegeben werden können, da nicht das vom Verwalter verwaltete Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Sollten daher entsprechende Anfragen von Nachbarn an den Verwalter herangetragen werden, muss sich dieser auf das entsprechende Informieren der Eigentümer beschränken.
3. Fazit
In vielen Fällen bestehen bereits gesetzliche Regelungen, die eine schuldrechtliche Vereinbarung oder Eintragung einer Dienstbarkeit entbehrlich machen. Sollte jedoch eine Vereinbarung oder grundbuchrechtliche Sicherung notwendig werden, ist ein frühzeitiges taktisches Vorgehen notwendig, um nachbarschaftlichen Ärger zu vermeiden und für beide Parteien eine einvernehmliche Lösung zu finden.
Jana Wegert
Rechtsanwältin
im Kanzleiforum 12/2016
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz