Wohnungsbesichtigung – Rechte des Vermieters
Das Besichtigungsrecht einer vermieteten Wohnung durch den Vermieter ist nicht gesetzlich geregelt.
Zum Schutz der Privatsphäre des Mieters ist im Grundgesetz, Artikel 13, die Unverletzlichkeit der Wohnung geregelt. Daraus ergibt sich die Rechtsfolge, dass ein Vermieter ohne Zustimmung des Mieters keine Besichtigung der Mietsache durchführen kann.
Demgegenüber ist im Artikel 14 des Grundgesetzes der Schutz des Eigentums geregelt. Der Absatz 2 dieses Artikels geht davon aus, dass das Eigentum verpflichtet und der Gebrauch dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll.
Aus diesen unterschiedlichen Interessenlagen und deren Festschreibung im Grundgesetz ist abzuleiten, dass ein begründeter Anlass für die Besichtigung der Wohnung bestehen muss, der für den Vermieter von bestimmtem Interesse ist und die konkreten Umstände dies erfordern.
Wenn diese Kriterien erfüllt sind, kann der Vermieter seinen Besichtigungsanspruch auch gegen den Mieter gerichtlich durchsetzen.
Ein allgemeines Besichtigungsrecht in bestimmten Zeitabständen hat der BGH mit Urteil vom 04.06.2014 (Az. VIII ZR 289/13) grundsätzlich abgelehnt. Wesentlicher Inhalt dieses Rechtstreites war die Besichtigung der Wohnung zum Zweck der Feststellung des Zustandes, ohne dass es dafür einen konkreten Anlass gab. In der Urteilsbegründung hat der BGH jedoch gleichzeitig darauf verwiesen, dass eine regelmäßige Überprüfung des baulichen Zustandes und des Zustandes der technischen Ausstattung einen sachlichen Grund für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Mietobjektes darstellen kann.
Durch eine frühzeitige Erkennung von Gefahren und Mängeln soll der Vermieter vor weitreichenden Schadensentwicklungen geschützt werden.
Begründete Anlässe für eine Besichtigung der Wohnung und auch deren gerichtliche Durchsetzung sind u.a.
- Anzeige von Mängeln durch den Mieter
- Planung von Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen
- Organisation einer Weitervermietung oder Verkauf des Objektes
- Ablesung und Erfassung von Verbrauchswerten
- Begründeter Verdacht der Verletzung von Sorgfalts- und Obhutspflichten
Organisation der Besichtigung
Mit Ausnahme von Havariefällen muss der Vermieter grundsätzlich den Besichtungstermin vorher ankündigen bzw. vereinbaren. Der zeitliche Verlauf wird dabei von den konkreten Umständen und Gründen bestimmt. Auf die Belange des Mieters ist in entsprechendem Maße Rücksicht zu nehmen, wobei übliche Zeiten maßgebend sind.
Ein gewaltsames Betreten durch den Vermieter oder deren Erzwingung stellt verbotene Eigenmacht dar.
Eine besondere Ausnahmesituation stellt die erhebliche Gefährdung des Eigentums und anderer Güter dar, d. h. Gefahr im Verzug, wo eine Ankündigung deplatziert wäre.
Fotografische Aufzeichnungen oder Filmaufzeichnungen im Rahmen der Wohnungsbesichtigung bedürfen zwingend der Zustimmung des Mieters, da diese einen erheblichen Eingriff in den Persönlichkeitsbereich darstellen.
Fazit
Die Besichtigung einer Wohnung sollte zwischen dem Vermieter und Mieter im Vorfeld vereinbart werden. Bei einseitigem Verlangen durch den Vermieter ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände und der Belange des Mieters eine konkrete Terminsbestimmung vorzunehmen.
Im Ankündigungsschreiben ist der Anlass konkret zu benennen und muss eine Besichtigung auch unter Berücksichtigung der beiderseitigen grundgesetzlichen Rechte rechtfertigen.
Dietmar Strunz
Rechtsanwalt
im Kanzleiforum 06/2016
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz