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Mini-PV-Anlagen bald an jedem Balkon?

Laut einer Hochrechnung der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin wurden in Deutschland bis Ende 2021 zwischen 140.000 und 190.000 Mini-PV-Anlagen an Endkunden verkauft.

Der Trend zur Installation von Mini-PV-Anlagen (auch Balkonsolaranlagen oder Steckersolaranlagen) durch Mieter dürfte in den nächsten Monaten erheblich an Fahrt aufnehmen. Hintergrund ist nicht nur der komplette Wegfall der Mehrwertsteuer beim Kauf und der Installation solcher Anlagen, sondern auch die hohen Strompreise sowie Förderprogramme von Ländern und Kommunen.

Der Attraktivität dieser Anlagen für den Mieter stehen umfangreiche Bedenken auf Seiten der Gebäudeeigentümer und Vermieter gegenüber. Aus der untergerichtlichen Rechtsprechung zur Frage, ob der Mieter ein Recht auf Installation einer solchen Anlage hat, lassen sich derzeit vor allem Argumente für einen solchen Anspruch herleiten. Insbesondere wird hier mit dem Staatsziel Umweltschutz im Grundgesetz argumentiert.

Dennoch muss der Gebäudeeigentümer nicht jegliche Art der Installation dulden, da auch Eigentum nach dem Grundgesetz geschützt ist.

In der Regel handelt es sich beim Anbau von Mini-PV-Anlagen insbesondere an der Fassade oder der Balkonbrüstung um eine bauliche Veränderung, die der Zustimmung durch den Gebäudeeigentümer, das kann der Vermieter oder auch die Wohnungseigentümergemeinschaft sein, bedarf. Davon geht auch die Justizministerkonferenz in ihrem Beschluss vom November 2022 aus: „Im Wohnraummietrecht gilt der Grundsatz, dass der Mieter bauliche Änderungen am Mietobjekt nur mit Genehmigung des Vermieters durchführen darf.“ Daraus entwickelte die Justizministerkonferenz den Vorschlag, die Errichtung von Mini-PV-Anlagen ebenfalls als privilegierte Maßnahme in § 5 54 BGB bzw. § 20 Abs. 2 WEG aufzunehmen.

Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaften sollten daher frühzeitig eine Festlegung treffen, an welchen Gebäuden und in welcher Form sie die Installation von Mini-PV-Anlagen dulden werden. Eine komplette Verweigerung der Installation wird nur in seltenen Fällen (besondere architektonische Gestaltungen oder Denkmalschutz) zielführend sein.

Die Zustimmung zur Installation einer Mini-PV-Anlage kann und sollte mit Auflagen und Bedingungen versehen werden. Auf diese Weise kann auch die derzeitige rechtliche Unsicherheit bei den Anforderungen an die Installation und Inbetriebnahme der Mini-PV-Anlagen beseitigt werden. Derzeit gelten nach den einschlägigen Regeln der Technik Vorgaben, die kontrovers diskutiert werden und auch nach neueren Mitteilungen unter anderem der Bundesnetzagentur und des VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V.) in der Weise geändert werden sollen, dass Mini-PV-Anlagen einfacher und umfangreicher eingesetzt werden können. So soll unter anderem die zulässige Leistung der Anlagen von 600 W auf 800 W erhöht werden und auch die Pflicht zur Einspeisung über einen Energieeinspeisestecker aufgehoben werden. Letzteres würde dazu führen, dass die Einspeisung über eine normale Schutzkontaktsteckdose (z.B. die Balkonsteckdose) erfolgen darf. Klärungsbedarf besteht allerdings auch hinsichtlich des zulässigen Anbringungsortes, der Art der verwendeten Solarmodule, der Art der Anbringung und der Verlegung von Leitungen. Klärungsbedürftig sind auch Fragen einer zusätzlichen Sicherheitsleistung (analog § 554 Abs. 1 S. 3 BGB) oder des Nachweises einer Haftpflichtversicherung. Darüber hinaus sollten auch Fragen hinsichtlich der Instandhaltung und der Kostentragung unter anderem für einen eventuell notwendigen Zählerwechsel geklärt werden.

Hierfür empfiehlt sich der Abschluss einer speziellen Vereinbarung über die Errichtung einer Mini-PV-Anlage mit dem Mieter. In der Eigentümergemeinschaft sollten die Inhalte einer solche Vereinbarung mit dem Mieter im Sondereigentum zuvor auch Gegenstand einer Beschlussfassung der Eigentümerversammlung sein.

Von einer Duldung der Installation ohne jegliche Reaktion ist abzuraten. Zwar entsteht kein irgendwie geartetes Gewohnheitsrecht, jedoch wird eine langjährige Duldung die Durchsetzung eines Beseitigungsanspruches erschweren und führt auch zur Nachahmung durch andere Nutzer.

Wir haben ein Muster für eine Vereinbarung über die Errichtung einer Mini-PV-Anlage erstellt. Nutzer unseres Servicebereiches können die Vereinbarung kostenfrei herunterladen.

Im Übrigen kann hier das Muster zum Preis von 35,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer erworben werden.

 

Martin Alter
Rechtsanwalt
(c) Strunz-Alter Rechtsanwälte PartG mbB im Februar 2023

 

Veröffentlicht: 23.02.2023